Unter dem Begriff Herz-Kreislauferkrankungen werden verschiedene Erkrankungen des Herzens zusammengefasst. Kleinster gemeinsamer Nenner dieser Erkrankungen ist häufig eine Arteriosklerose oder auf gut Deutsch eine Arterienverkalkung. Diese behindert den Blutfluss und führt dazu, dass Muskeln und Organe nur noch eingeschränkt mit Sauerstoff versorgt werden können. Die Folge können dann ein Herzinfarkt, ein Schlaganfall oder auch Herzversagen sein.
Herz-Kreislauferkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland und sind für etwa 40 Prozent der Todesfälle ursächlich verantwortlich (1). Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2015 die durch Herz-Kreislauf-erkrankungen verursachten Krankheitskosten mit 46,4 Mrd. Euro und einem Anteil von 13,7 Prozent die höchsten, gemessen an den insgesamt 12 Krankheitsgruppen mit den höchsten Kosten (2).
Als Ursache für Herz-Kreislauferkrankungen werden unter anderem Faktoren wie Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes, Bewegungsmangel und exzessiver Alkoholkonsum (wie auch immer man den definiert) genannt.
Hohes Cholesterin, hohes Herzinfarktrisiko?
Immer noch streiten sich die Gelehrten, welcher Cholesterinspiegel ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall darstellt. Viele folgen der Devise: je niedriger, desto besser. Und so überrascht es auch nicht, dass Patienten immer noch die Empfehlung erhalten, ihren Fettkonsum zu reduzieren, oder ihnen Cholesterin senkende Medikamente verschrieben werden. Hier treten die Statine auf den Plan.
Gestört wird die Beweiskette: hohe Cholesterinspiegel -> Arteriosklerose (durch Cholesterinablagerung in den Gefäßwänden) -> Herzinfarkt, immer wieder durch Studien, die auf ganz andere Ergebnisse kommen. So etwa eine Studie der Universität Californien Los Angeles (UCLA) die aufzeigt, dass 72,1 % der Menschen, die einen Herzinfarkt erlitten, LDL-Cholesterin Werte hatten, die keinen Hinweis darauf gegeben hatten, dass sie ein erhöhtes Herzinfarktrisiko haben könnten. Ihre LDL-Cholesterin Werte lagen im Bereich der nationalen Leitlinien, und die Hälfte von ihnen hatte sogar Werte im optimalen Bereich (3), d. h. unter 100 mg/dl. 17,6 % hatten Werte unter 70 mg/dl, das ist der Bereich, der für Patienten mit einem mittleren Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen angestrebt wird.
Wenn man solche Ergebnisse erhält, dann sollte man sich doch eigentlich fragen, ob man mit dem LDL-Cholesterin tatsächlich den richtigen Risikomarker untersucht.
HDL Cholesterin und Herzinfarktrisiko
Interessant war, dass mehr als die Hälfte der Patienten, die mit einem Herzinfarkt in die Klinik kamen, sehr niedrige HDL-Cholesterin Werte hatten. Diese befanden sich bei 54,6 % der Patienten im Bereich von unter 40 mg/dl, während der angestrebte Bereich bei über 60 mg/dl liegt.
Nun haben wir ein Problem. Es gibt nämlich keine Medikamente, die zu einer Erhöhung des HDL-Cholesterins führen. Das geht nur mit Ernährung. Da man aber immer noch an dem Irrweg festhält, dass der LDL-Wert, den man ja medikamentös beeinflussen kann, entscheidend für das Herzinfarktrisiko ist, wurde also beschlossen, die Empfehlung für eine weitere Senkung dieses Wertes auszusprechen (4). So sagte der Hauptautor der Studie, Dr. Gregg Fonarow:
„Fast 75 Prozent der Herzinfarktpatienten fielen in den empfohlenen Bereich des LDL Cholesterins. Dies zeigt, dass die derzeitigen Empfehlungen womöglich nicht tief genug sind, um das Herzinfarktrisiko für die meisten (Patienten) zu senken, die davon profitieren könnten.“
Das ist erstmal eine interessante Aussage, vor allem wenn man weiß, dass die Studie vom Get with the Guidelines (GWTG) Programm, der American Heart Association gesponsert wurde. Die American Heart Association ist absolut für den Einsatz von Statinen, um das LDL Cholesterin zu senken (5). Und auch Dr. Fonarow ist nicht frei von Interessenskonflikten. So führte er Forschungen für GlaxoSmithKline (GSK) und Pfizer durch und arbeitete als Berater für Merck, AstraZeneca, GSK und Abbott. Alle diese Pharmaunternehmen stellen Cholesterinsenker her – und da natürlich auch Statine. Also wieder einmal, follow the money.
Wird der Mythos vom zu hohen Cholesterin nur noch durch die Pharmaindustrie am Leben gehalten?
Man kann nun sagen, wieder einmal auf’s falsche Pferd gesetzt. Es wird Zeit umzusteigen. Die Realität sieht allerdings anders aus. Die Jagd nach dem niedrigsten, mit dem Leben vereinbaren Cholesterinwert geht weiter. Und machen wir uns nichts vor, je niedriger der Cholesterinwert, desto erbärmlicher das Leben.
Dabei könnten wir es eigentlich besser wissen. Wir haben genug wissenschaftliche Untersuchungen angesammelt, die der Cholesterinhypothese des Herzinfarkts absolut widersprechen (6). Trotzdem hat es sich in der Allgemeinbevölkerung, und auch bei vielen Ärzten, immer noch nicht herumgesprochen, dass die Empfehlungen zum Cholesterinkonsum sich geändert haben. In den Köpfen der Menschen hat sich die Mär vom ungesunden Cholesterin weitgehend festgesetzt. Die Macht der Werbung.
Und mit Werbung kennen sich Pharmaunternehmen natürlich aus. Da wird schnell aus einem kaum wirksamen Medikament ein absoluter Verkaufsschlager. Man muss nur wissen, wie man Statistiken zu seinem Vorteil manipuliert.
Zu diesem Resultat gelangen auch die Autoren einer Übersichtsarbeit, die in Expert Review of Clinical Pharmacology erschien (7). In dieser Arbeit weist das Forscherteam bedeutende Fehldeutungen in drei kürzlich erschienen Studien nach:
„…große Übersichtsarbeiten, die kürzlich von Befürwortern der Statine veröffentlicht wurden, haben den Versuch unternommen, dass herrschende Dogma zu untermauern. Dieser Artikel zeigt die ernsthaften Fehler in diesen Übersichtsarbeiten auf sowie andere offensichtliche Verfälschungen der Cholesterin Hypothese.“
Die Autoren präsentieren umfangreiche Beweise, dass das Gesamtcholesterin und LDL Cholesterin keine Marker für das Herzinfarktrisiko darstellen. Zusätzlich stellen sie fest, dass die Behandlung mit Statinen zur Primärprävention äußerst zweifelhaft ist. Primärprävention bedeutet, es wird eine Statinbehandlung eingeleitet, bevor es noch zu einem Herzinfarkt gekommen ist (nach einem Infarkt spricht man dann von Sekundärprävention).
In ihrer Analyse zeigen sie auf, dass wenn ein hoher Cholesterinwert tatsächlich der Auslöser einer Arteriosklerose wäre, Patienten mit einem hohen Gesamtcholesterin, deren Werte durch Statine am meisten gesenkt werden, die größten Vorteile haben müssten. Die Beweise zeigen jedoch, dass das nicht der Fall ist.
Und so geht es weiter. Auch in einer weiteren Übersichtsarbeit konnten die Forscher keinen Zusammenhang zwischen Cholesterin und dem Grad der Arteriosklerose der Herzkranzgefäße, Verkalkungen der Koronararterien oder einer peripheren Arteriosklerose herstellen (8). Auch sie fanden keine positive Antwort zwischen einer starken Cholesterinsenkung und einer Reduktion von Herzinfarkten.
Die Untersucher gehen davon aus, dass es andere Faktoren gibt, die zu Herz-Kreislauferkrankungen führen wie zum Beispiel :
„…Bewegungsmangel, Stress, Rauchen und Übergewicht. Es wird allgemein angenommen, dass der Effekt dieser Faktoren auf Herz-Kreislauferkrankungen durch hohes Cholesterin herbeigeführt wird, aber das mag ein sekundäres Phänomen sein.
Bewegung kann sich positiv auf das Herz-Kreislaufsystem auswirken, weil die Endothelfunktion der Gefäße verbessert wird oder durch die Ausbildung von Kollateralgefäßen (Umgehungskreisläufen). Stress kann sich schädlich auf die Ausschüttung von Adrenalin auswirken. Rauchen führt zu einer vermehrten oxidativen Belastung. In all diesen Situationen könnte ein hoher Cholesterinspiegel ein Nebeneffekt sein, der anzeigt, dass etwas nicht stimmt.“
Welches Fett ist gutes Fett?
Einer der Gründe, warum so viele Menschen krank sind, ist, dass immer wieder gesagt wird, tierisches Fett sei ungesund und industriell gefertigte Pflanzenöle seien gesund.
Erst kürzlich erschien im Journal of the American College of Cardiology ein Artikel, der feststellt, dass die seit langem bestehende Ernährungsleitlinie falsch ist, dass der Konsum von gesättigten Fettsäuren eingeschränkt werden sollte (9). In der Zusammenfassung heißt es:
„Die Empfehlung, den Konsum von gesättigten Fettsäuren zu begrenzen, wird weiter aufrecht gehalten, obwohl es immer mehr Beweise für das Gegenteil gibt. Die neuesten Metaanalysen von randomisierten Studien und Beobachtungsstudien konnten keinen Vorteil für die Reduktion von gesättigten Fetten auf das Auftreten von Herz-Kreislauferkrankungen und die Gesamtsterblichkeit nachweisen. Stattdessen fanden sie schützende Effekte gegen Schlaganfälle.
Obwohl gesättigte Fettsäuren das LDL Cholesterin erhöhen, ist dies nicht auf eine Zunahme der kleinen LDL Partikel zurückzuführen, sondern eher auf eine Zunahme der großen LDL Partikel, die keinen großen Zusammenhang mit dem Herzinfarktrisiko aufweisen. Außerdem ist es offensichtlich, dass die gesundheitlichen Vorteile von Nahrungsmitteln nicht über ihren Gehalt an irgendeiner Nährstoffguppe vorhergesagt werden kann, ohne die gesamte Makronährstoffverteilung in Betracht zu ziehen.
Vollmilchprodukte, unverarbeitetes Fleisch und dunkle Schokolade sind Nahrungsmittel, die einen hohen Anteil gesättigter Fettsäuren enthalten, die aber nicht mit einem erhöhten Herz-Kreislaufrisiko in Zusammenhang gebracht werden. Die Gesamtheit der vorhandenen Beweise unterstützt eine weitere Begrenzung des Konsums solcher Nahrungsmittel nicht.“
Nein, es sind nicht die seit Jahrzehnten verteufelten tierischen Fette, die uns krank machen. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Rede von Dr. Chris Knobbe mit dem Titel „Zivilisationskrankheiten: Sind Pflanzenöl Exzesse der verbindende Mechanismus?“ (10).
In seiner Rede zeigt er auf, dass Pflanzenöle, die heute so vorherrschend in unserer modernen Ernährung vorkommen, die Ursache für die meisten chronischen Erkrankungen darstellen. Er nennt die Überschwemmung der westlichen Ernährung mit diesen schädlichen Pflanzenölen „ein globales Menschenexperiment … ohne informierte Einwilligung“.
Der Omega-3 Index – wichtiger als Cholesterinwerte
Was macht die Pflanzenöle so schädlich? Nun, die meisten von ihnen haben hohe Anteile an Omega-6 Fettsäuren mit einer entzündungsfördernden Wirkung. Und wie schon gesagt, essen wir einfach zu viele Pflanzenöle. Keine industriell gefertigte Nahrung ohne Pflanzenöle. Dazu kommt, dass aus unserer Ernährung Nahrungsmittel mit einem hohen Omega-3 Anteil (vor allem fettreiche Fischsorten) weitestgehend verschwunden sind. Und dadurch steigt das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Unterscheidung der einzelnen Omega-3 Fettsäuren. Die drei wichtigsten Vertreter sind die Alpha-Linolensäure (ALA), die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA). ALA findet sich vorwiegend in Pflanzenölen wie Leinsamen-, Soja- und Rapsöl, während EPA und DHA vor allem in tierischen Produkten, Fisch und Meeresfrüchten vorkommt.
Jedes dieser Fette spielt eine eigene Rolle für die zelluläre Gesundheit. So wurde in einer Studie nachgewiesen, dass durch die Einnahme von Icosapentethyl, eines synthetischen Derivats von EPA, das Auftreten ischämischer Episoden (also von Zeiten, in denen eine Minderung des Blutflusses auftritt) deutlich reduziert werden konnte (11).
Im Hinblick auf heutige Ernährungsgewohnheiten ist es sehr sinnvoll, den Omega-3 Index bestimmen zu lassen und je nach Ergebnis, eine entsprechende Ernährungsumstellung durchzuführen. Der Omega-3-Index misst die Konzentration von EPA und DHA in den Zellwänden der roten Blutkörperchen. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass ein Omega-3 Index > 8 Prozent gegenüber einem Omega-3 Index < 4 Prozent mit einem um 90 Prozent reduzierten Risiko eines plötzlichen Herztodes assoziiert ist (12).
Ziemlich beeindruckend und ein guter Grund, mehr Fisch zu essen. Die besten Quellen für Omega-3 Fettsäuren sind Alaska Lachs aus Wildfang, Makrele und Anchovis. Von großen Raubfischen wie Thunfisch sollten Sie die Finger lassen, da sie große Mengen Quecksilber und andere Schadstoffe enthalten. Pflanzliche Omega-3 Fettsäuren reichen nicht aus, Ihren Bedarf abzudecken.
Wenn Sie sich nicht überwinden können, Fisch zu essen, empfehle ich Ihnen, sich ein gutes Fisch- oder Algenöl zu besorgen. Sehr gute Öle bekommen Sie bei Norsan. Sie sind schadstofffrei und enthalten eine ausreichende Dosierung an Omega-3 Fettsäuren.
(1) https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Themen/Chronische_Erkrankungen/HKK/HKK_node.html
(2) https://de.statista.com/infografik/11301/herz-kreislauf-erkrankungen-verursachen-hoechste-kosten/
(3) https://www.uclahealth.org/most-heart-attack-patients-cholesterol-levels-did-not-indicate-cardiac-risk
(4) Most Heart Attack Patients‘ Cholesterol Levels Did Not Indicate Cardiac Risk https://www.sciencedaily.com/releases/2009/01/090112130653.htm
(5) https://www.heart.org/en/news/2018/12/10/safety-of-statins-emphasized-in-new-report
(6) https://www.researchgate.net/publication/259650591_Dietary_cholesterol_heart_disease_risk_and_cognitive_dissonance
(7) LDL-C does not cause cardiovascular disease: a comprehensive review of the current literature https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/17512433.2018.1519391?scroll=top&needAccess=true&
(8) Is atherosclerosis caused by high cholesterol? https://academic.oup.com/qjmed/article/95/6/397/1559536
(9) Saturated Fats and Health: A Reassessment and Proposal for Food-Based Recommendations: JACC State-of-the-Art Review https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0735109720356874
(10) Dr. Chris Knobbe: Diseases of Civilization https://youtube.com/watch?feature=youtu.be&v=7kGnfXXIKZM
(11) Cardiovascular Risk Reduction with Icosapent Ethyl for Hypertriglyceridemia https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1812792
(12) Cardiovascular benefits of omega-3 fatty acids https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16979604/
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Mich würde der Sachverhalt zwischen omega 6 / Arachidonsäure interessieren. Welche Ernährungskonsequenzen dieser mit einem speziellen Augenmerk bei Arthrose auf die pflanzlichen und tierischen Lebensmittel hat, abgesehen vom Verzehrverhältnis zwischen Omega 6 und Omega 3. Resp warum wird das Schweinefleisch diesbezüglich so negativ beurteilt?