Ketogene Diät

Häufige Fehler bei einer ketogenen Diät

Es ist Januar, und Diäten haben wieder einmal Hochkonjunktur. Blättert man die Zeitschriften durch, so finden sich in den meisten mehr oder weniger hilfreiche Diättipps. Sehr beliebt sind natürlich immer die Crash-Diäten.  Sie wissen schon – schlank in 14 Tagen. Eigentlich sollten wir alle wissen, dass diese Diäten nicht wirken und noch dazu sehr ungesund sind. In letzter Zeit hört man sehr viel über die Ketogene Diät, die wirklich Wunder wirken soll. Ich möchte hier gleich vorwegschicken, dass Sie den Begriff Diät vielleicht lieber mit Ernährung austauschen sollten, denn es handelt sich hierbei nicht um eine kurzfristige Diät (und dann zurück zu Pizza und Bier), sondern um einen sehr bewussten Ernährungsstil.

Die Stärken der Ketogenen Diät liegen auch nicht in der Gewichtsabnahme (obwohl die eine nette Zugabe ist), sondern in ihren gesundheitlichen Auswirkungen. Und die sind beträchtlich. In der Literatur finden sich Hinweise darauf, dass sie sich nicht nur positiv auf therapierefraktäre Epilepsien auswirkt, sondern auch das Risiko für Herzerkrankungen verringert, die Blutzuckerkontrolle bei Typ II Diabetikern verbessert, positive Auswirkungen bei PCOS (polyzystisches Ovarialsyndrom),  neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson, Alzheimer und MS hat und sogar bei einigen Krebsarten als Therapie eingesetzt werden kann (1). Richtig angewendet, kann die Ketogene Diät eine wirksame Waffe gegen viele unserer sogenannten Zivilisationskrankheiten sein. Wir reden hier also nicht über eine „Kohlsuppendiät“ oder „zur Bikinifigur mit der Eierdiät“.

 

Was ist die Ketogene Diät?

Viele Menschen glauben, die ketogene Diät wäre etwas ganz Neues. Tatsächlich imitiert sie aber nur die Art und Weise wie viele unserer Vorfahren vor der Einführung der Landwirtschaft mit ihrem Getreide gegessen haben (also eigentlich wie dieser neumodische Kram – die Paleo Diät).

Bevor Getreide mit seinem hohen Anteil an Kohlenhydraten zum Grundnahrungsmittel wurde, aßen unsere Vorfahren eine Vielzahl wilder Pflanzen (und auch Tiere), mit einem deutlich geringeren Kohlenhydratanteil. Über Zucker brauchen wir gar nicht erst zu diskutieren, den gab es einfach nicht (außer in Form süßer Früchte oder vielleicht auch mal Honig).

Im Gegensatz dazu haben wir 24/7 kohlenhydrathaltige Lebensmittel zur Verfügung. Wir haben unseren Stoffwechsel daran gewöhnt, die Zuckerverbrennung (Kohlenhydrate) für die Energiegewinnung heranzuziehen. Unsere Vorfahren waren häufig darauf angewiesen, Fett zur Energiegewinnung zu verbrennen – nämlich immer dann, wenn es nur wenig kohlenhydrathaltige Nahrung gab (zum Beispiel im Winter). Und genau dieser Zustand – die Fettverbrennung (sprich Körperfett) – ist das Ziel der ketogenen Ernährung.

Ich muss zugeben, ich verstehe die Leute nicht, die behaupten, dass eine Ketogene Diät nur schwer durchzuhalten ist. Das kann eigentlich nur passieren, wenn man Fehler macht. Einige dieser Fehler habe ich nachfolgend einmal aufgelistet.

Wie funktioniert die Ketogene Diät?

Ziel der ketogenen Diät ist es, den Körper in eine sogenannte Ketose zu versetzen. In der Ketose stellt der Körper von Zuckerverbrennung auf Fettverbrennung um. Das Fett wird in Ketonkörper umgewandelt, die von fast allen Körperzellen als Energielieferanten verwendet werden können. Ausnahmen sind die Leber und die roten Blutkörperchen. Das Gehirn läuft sehr gut – und wie sich bei Alzheimer Patienten zeigt sogar besser – mit Ketonkörpern.

Um eine Ketose zu erreichen, muss der Kohlenhydratanteil der Nahrung (Zucker und Stärke)  massiv heruntergefahren werden. In der Regel geht man von einer Menge von 20 – 30 g Kohlenhydraten pro Tag aus. Die nötigen Kalorien erhält man über gesunde Fette. Unter diesen Umständen fällt der Blutzuckerspiegel ab, und der Körper muss seine Energiegewinnung auf alternative Quellen umstellen, was er auch sehr gut kann – jedenfalls nach einer Eingewöhnungsphase. In dem Moment, wo nicht genügend Zucker als Energielieferant vorhanden ist, stellt der Körper auf eine Energiegewinnung durch Ketonkörper um.

Das Tolle daran ist, dass durch die angekurbelte Fettverbrennung bei entsprechendem Kaloriendefizit nicht nur das Körperfett verschwindet, sondern dass die Fettverbrennung auch eine sehr viel effektivere Form der Energiegewinnung ist. Zucker ist wie das Anzündholz eines Kamins – er brennt schnell und kurzzeitig. Fett ist wie ein dicker Holzstamm – er brennt sehr, sehr lange. Wir machen uns ja alle Gedanken über Umweltverschmutzung und saubere Formen der Energiegewinnung – nun, bei der Fettverbrennung fallen deutlich weniger freie Radikale (Stress, Alterung)  an als bei der Zuckerverbrennung, sie ist also eine sauberere Energiequelle.

Immer die Netto-Kohlenhydrate im Auge behalten

Netto-Kohlenhydrate, sogenannte Netcarbs, sind diejenigen Kohlenhydrate, die vom Körper verwertet werden können. Wir unterscheiden bei den Kohlenhydraten diejenigen, die vom Körper verwertet werden können von denjenigen, die für den Körper kaum oder gar nicht verwertbar sind. Diese kennen wir unter dem Begriff Ballaststoffe. Sie werden vom Körper nicht aufgenommen, sondern zu großen Teilen ausgeschieden, und dienen auf dem Weg nach draußen auch noch unserem Darmmikrobiom als Futter, was eigentlich ziemlich cool ist. Man geht davon aus, dass diese schwer- oder nichtverdaulichen Kohlenhydrate auch ohne große Insulinausschüttung des Körpers verstoffwechselt werden. Die Insulinausschüttung soll ja bei der Ketogenen Diät möglichst gering gehalten werden, da sie die Fettverbrennung verhindern würde. Allerdings – ganz ohne Insulin geht es auch nicht (dann hätten wir einen Typ I Diabetes).

Die Netcarbs ermittelt man, indem man den Ballaststoffanteil von den Gesamt-Kohlenhydraten abzieht. Und dann stellt man fest, dass nicht-stärkehaltiges Gemüse extrem wenig Kohlenhydrate hat. Das ist ja immer so ein Kritikpunkt an der Ketogenen Diät, dass man kein Gemüse essen darf, weil das ja Kohlenhydrate enthält. Vergessen wird aber, dass ein Großteil dieser Kohlenhydrate Ballaststoffe sind und damit überhaupt nicht ins Gewicht fallen.

Also, bei einer Ketogenen Diät gehört unbedingt Gemüse auf den Teller. Damit beugt man dann auch gleich der Verstopfung vor, unter der viele Neulinge dieser Ernährungsform leiden.

 

Gesunde Fette

Dieser Punkt führt immer wieder zur Verwirrung, denn gesunde Fette sind nicht unbedingt diejenigen, die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung beworben werden. Die meisten sogenannten „gesunden“ Pflanzenöle (Raps, Mais, Soja) gehören auf keinen Fall in eine Ketogene Diät. Konventionell gefertigter Frühstücksspeck, Bratmaxe und Chicken nuggets übrigens auch nicht. Ganz klar, wenn Ihr Körper Fett zur Energiegewinnung benutzen soll, dann müssen Sie ihm gute Fette geben. Und wenn Sie Fleisch essen, dann bitte nur von artgerecht gehaltenen Tieren.

Um in Ketose zu kommen und zu bleiben, benötigen Sie eine Fettzufuhr von 65 – 80 Prozent Ihrer täglichen Kalorien (nicht etwa des Volumens oder Gewichtes Ihrer Nahrung). Die Menge an Fett, die zur Aufrechterhaltung der Ketose nötig ist, ist individuell sehr unterschiedlich. Sie hängt unter anderem von Ihrem Stoffwechsel und Ihrer Aktivität ab. Am Anfang werden Sie mit Ketonstreifen im Urin messen müssen, ob Sie in Ketose sind. Später entwickelt man ein Gefühl dafür.  Übrigens: Wenn Sie schon länger in Ketose sind, dann werden Sie im Urin keine Ketonkörper mehr nachweisen können.

Hier eine Liste mit gesunden Fetten (es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben):

  • Pflanzliche Fette: Avocado, Extra Virgin Olivenöl, Kokosöl, Nüsse (keine Erdnüsse, diese sind Hülsenfrüchte!), Samen wie Leinsamen, Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne.
  • Tierische Fette: Nur aus artgerechter Haltung oder von Wildtieren! Machen Sie einen großen Bogen um Fette von Tieren aus Massentierhaltung – hierzu gehören auch Bio-Fische aus Aquakulturen. Es handelt sich hierbei um kranke Tiere, in deren Fett Sie sämtliche Schadstoffe wiederfinden, die diese armen Kreaturen im Laufe ihres kurzen Lebens aufgenommen haben. Ansonsten: alle Tierfette, Butter, Ghee.
  • Nahrungsergänzungsmittel: MCT-Öl und Fischöl. MCT-Öl liefert β-Hydroxybuttersäure, den wichtigsten Ketonkörper.  Durch den Konsum von MCT-Öl kann der Ketonkörperspiegel angehoben werden. Es reicht aber nicht aus, um den Nutzen einer richtigen Ketogenen Diät zu erhalten.

Strategien gegen die Keto-Grippe

Eine große Herausforderung für viele Neulinge der ketogenen Ernährung ist die Keto-Grippe oder auch Low-Carb Grippe. Diese tritt in den ersten Tagen der Umstellung von einer kohlenhydratreichen auf eine kohlenhydratarme Ernährung auf. Sie zeigt sich in Symptomen wie Energiemangel, Reizbarkeit, Heißhungerattacken und Hirnleistungsstörungen.

Zu diesen Symptomen kommt es, weil die Insulinausschüttung deutlich abnimmt (da die Blutzuckerspitzen durch Kohlenhydrate nicht mehr vorhanden sind) und die Nieren angeregt werden, Elektrolyte (wie Natrium, Magnesium und Kalium) auszuscheiden.

Hinzu kommt, dass viele Leute vorher eine Ernährung hatten, die zum großen Teil aus Fertigprodukten bestand, die eine hohe Salzkonzentration haben. Da diese Salzzufuhr wegfällt kommt es zu einem teilweise dramatischen Abfall des Salzlevels.  Das heißt, diese vermehrt ausgeschiedenen oder eben nicht mehr zugeführten Elektrolyte müssen dringend ersetzt werden, um die Symptome der Keto-Grippe zu verhindern.

Zur Vorbeugung empfehlen sich folgende Maßnahmen:

  • Elektrolyte ersetzen (zum Beispiel durch Himalaya- oder Meersalz)
  • Viel Wasser trinken
  • Ausreichend Fett konsumieren, um den Kalorienbedarf zu decken
  • Soweit möglich, Sport treiben.

Und wenn die Keto-Grippe sich trotzdem bemerkbar macht, kann man sich mit dem Gedanken trösten, dass sie nur ein Beweis dafür ist wie gut die Ketogene Diät wirkt, denn diese Symptome zeigen, dass Ihr Körper nicht nach jeder Mahlzeit für eine Normalisierung des Blutzuckerspiegels kämpfen muss. Wie es sich für eine „Grippe“ gehört, ist sie außerdem nach ein paar Tagen vorbei.

 

Wie sieht es mit Fasten aus?

Wie es beim Yoga immer heißt: „Wer mehr möchte, der kann noch…“.

Ja, wer mit der Ketogenen Diät schnell loslegen möchte, der kombiniert sie mit Fasten. Eine verminderte Kalorienaufnahme zwingt den Körper, alle vorhandenen Kohlenhydrate zu verbrennen. Wer also seine Ketogene Diät mit Fastentagen startet, der kommt natürlich sehr viel schneller in den Zustand der Ketose. Aber auch Personen, die schon in Ketose sind, können durch periodisches Fasten profitieren, weil es die Kohlenhydratspiegel im Körper auf einem sehr niedrigen Level hält.

Fasten an sich hat einen großen gesundheitlichen Nutzen. Nicht umsonst hat eigentlich jede Kultur Fastenzeiten.

Haben Sie gesundheitliche Probleme, so sollten Sie mit Ihrem Arzt besprechen, ob das Fasten für Sie irgendwelche Risiken birgt. Und dann kann es losgehen.

Um schnell in Ketose zu kommen, sollten Sie 24 – 48 Stunden fasten. Während dieser Zeit trinken Sie nur Wasser, aber davon viel. Vergessen Sie nicht, dem Wasser eine Prise Himalaya- oder Meersalz zuzufügen, um die Elektrolytverluste auszugleichen. Wenn Sie dann in Ketose sind (Streifentest im Urin), gehen Sie in den Erhaltungsmodus.

 

Überzeugt? Die Ketogene Diät ist ein unglaublich leistungsfähiges Mittel, das als Therapie bei einer Vielzahl von Gesundheits-problemen unserer modernen Gesellschaft extrem wirksam sein kann. Fett als Brennstoff führt nicht nur zu einem nachhaltigen Gewichtsverlust, sondern veranlasst den Körper dazu, eine alternative und potenziell überlegene Brennstoffquelle zu verwenden. Wenn Sie gerade eine Ketogene Diät beginnen, helfen Ihnen meine Tipps hoffentlich, dabei zu  bleiben. Der Übergang ist manchmal nicht einfach, aber die langfristige Einhaltung dieser Diät hat viele, viele Vorteile.

 

(1) Beyond weight loss: a review of the therapeutic uses of very-low-carbohydrate (ketogenic) diets     https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3826507/

 

3 Gedanken zu „Häufige Fehler bei einer ketogenen Diät“

  1. Zwar hat Frau Dr. Bendig die Frage bereits beantwortet und einen Literaturvorschlag gemacht, aber ich bin so frech und ergänze das noch, gerade wegen der Frage nach Teststreifen. Ich habe gerade das Buch „Weizenwampe, der Gesundheitsplan“ durch, gut 500 Seiten, die jeder lesen möge, der gegen Gewicht kämpfen möchte. Aber darin ist auch ein Kapitel dem Fett und der ketogenen Diät gewidmet, inkl. Rat zu Testverfahren und Teststreifen. Sehr lesenswert, wenn ich auch nicht alles gebetsmühlenartig übernehme, viel ist gut!

    Damit wünsche ich dann viel Erfolg für das Vorhaben!
    Freundliche Grüße
    K. Bady
    PS. Liebe Frau Dr. Bendig, ich hatte mich mehrmals für den Newsletter eingetragen, hat bisher nicht funktioniert, leider

  2. Sehr geehrte Frau Dr. Bendig!

    Durch ihren Artikel über die drohende Masernimpflicht bin ich auf ihre Seite gestoßen und finde die Informationen hier sehr Hilfreich und Interessant. Insbesondere der Masernartikel wirkt auf mich sehr gut begründet und recherchiert.

    Nun bin ich auf ihre Erfahrungen mit Paleo-Ernährung gestoßen.
    Insgesamt bin ich noch recht gesund, bis auf manchmal lästige Müdigkeit und ein zu hohes Körpergewicht. Auch letzten Monat waren meine Blutwerte in Ordnung. Damit das so bleibt, oder sich verbessert, will ich mein Übergewicht gern reduzieren und meine Ernährung auf Paleo-Kost umstellen. Auserdem würde ich gerne mit einem Tag fasten starten. Haben sie vielleicht Tips oder können sie ein gutes Buch empfehlen in dem Beschrieben ist, wie ich am besten vorgehen kann?
    Wie funktioniert das z.B. mit den Ketonteststreifen? Mißt dieser verschiedene Konzentrationen? Und wenn ja, ab welcher hat man einen ausreichenden Ketonstoffwechsel um Körperfett zu verbrennen?
    Ansonsten scheint mir dabei wichtig zu sein, viel Gemüse zu essen, dazu etwas weniger aber abwechslungsreich Obst, Eier, Nüsse und Bio-Fleisch und wild gefangenen Fisch.
    Kein Getreide, keine Milch und Fertigprodukte(oder höchstens in sehr geringen Mengen), Kein Zucker.
    Und viel Trinken.

    Ich esse gerne Gemüse, doch auch gerne süßes. Vielleicht wäre ein Mentales Training auch ganz gut um die Lust auf Süßigkeiten in den Griff zu bekommen?

    Mit freundlichen Grüßen!

    Petra Tisch

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