Die Industrie für glutenfreie Lebensmittel boomt. Hersteller greifen dabei als Ersatz häufig auf Mais zurück, und da liegt auch schon das erste Problem. Das mag jetzt manchem wie Erbsenzählerei vorkommen, aber auch bei Mais handelt es sich um Getreide, und die sind nun einmal nicht glutenfrei.
Wieso kann man diese Lebensmittel dann als glutenfrei verkaufen? Das ist ganz einfach. Mais enthält nicht das in Weizen, Roggen und Gerste vorkommende Glutenmolekül α-Gliadin, sondern eben andere Mitglieder der sehr großen Glutenfamilie.
Und warum wird dann immer nur das Gluten in Weizen, Roggen und Gerste erwähnt? Nun, das α-Gliadin ist einfach das am besten untersuchte Gluten, weil man herausgefunden hat, dass es die Ursache für eine Zöliakie darstellt. Der Rückkehrschluss, dass alle anderen Glutene dann harmlos sind, ist allerdings ein bisschen voreilig.
Hier sind einige Gründe, warum Menschen keinen Mais essen sollten – besonders wenn sie an Zöliakie leiden oder eine Glutenunverträglichkeit haben.
Die Sache mit den Kreuzallergien
Zugegebenermaßen handelt es sich nicht um eine wirkliche Allergie im Sinne einer Erdnuss- oder Fischallergie, wo es innerhalb von Minuten zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen kann. Nichtsdestotrotz können aber Menschen, die auf α-Gliadin reagieren auch eine Reaktion auf andere Glutene zeigen. Ursächlich dafür ist, dass die Proteine in diesen Substanzen dem α-Gliadin relativ ähnlich sehen, sodass das bereits in einem chronischen Alarmzustand befindliche Immunsystem vorsichtshalber einfach mal angreift.
Dadurch kommt es zu Schädigungen der Darmschleimhaut und zu einem Leaky Gut. Nun gelangen die fremden Proteine in den Blutstrom (wo sie eigentlich nicht hingehören) und führen zu weiteren Immunreaktionen. Diese Reaktionen müssen auch nicht unbedingt Symptome am Darm hervorrufen, sondern können zum Beispiel die Gelenke oder die Haut betreffen. Spätestens dann sind Nahrungsmittelunverträglichkeiten nicht mehr der erste Hauptverdächtige.
Kreuzallergien treten relativ häufig auf, weshalb auch unbedingt untersucht werden sollte, ob das für den Betroffenen ein Thema ist. Im Fall von Gluten sind hier nicht nur andere Glutene verdächtig, sondern zum Beispiel auch Milch und Milchprodukte, weil das Milcheiweiß (Casein) eine große Ähnlichkeit mit Gluten aufweist.
Forscher haben die Aminosäurensequenzen in Weizen und Mais verglichen und kommen zu dem Schluss, dass sie ähnlich genug sind, um bei entsprechend veranlagten Personen eine Immunantwort auszulösen (
1). Es zeigte sich, dass diese Aminosäuren an IgA Antikörper binden. Das sind Antikörper, die auf unseren Schleimhäuten sitzen und als erste Verteidigungslinie verhindern sollen, dass Angreifer (also Fremdproteine) in den Körper gelangen. Die Reaktion war die gleiche, die bei Zöliakie Patienten durch Gluten ausgelöst wird und fand sich bei Personen mit den für Zöliakie anfällig machenden Genen HLA-DO2 und HLA-DO8.
Das heißt, diese Leute sollten sicherlich keinen Mais essen. Die gleiche Reaktion wird aber auch durch Kaffee und Hülsenfrüchte wie Erdnüsse und Soja hervorgerufen.
GMOs – genetisch veränderte Organismen
Zum Glück sind GMOs bei uns noch nicht so ein Thema wie in den USA oder Kanada, aber ganz vermeiden lassen sie sich auch in Europa nicht.
Man weiß schon lange, dass genetisch veränderte Lebensmittel wie Mais und Soja zu Gesundheitsschäden führen – unter anderem weil sie die Darmschleimhaut schädigen. In der Regel wurden die GMOs so verändert, dass ihnen der Einsatz des Ackergiftes
Glyphosat nichts mehr anhaben kann. Mais und Baumwolle wurden aber so verändert, dass sie jetzt selber Schädlingsbekämpfungsmittel herstellen – und zwar jede einzelne Zelle der Pflanze. Eingefügt wurde ein Gen des Bacillus thuringiensis (Bt). Bt tötet Insekten, die die Pflanze essen, indem es ihre Darmschleimhaut und die Darmbakterien zerstört, was letztendlich zum Tod des Insekts führt.
Kann sich jemand vorstellen, was der Konsum dieser „Lebensmittel“ mit unseren Darmbakterien macht? Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass dieses Gift sagt: „Ach nee, das sind ja menschliche Darmbakterien. Na, denen tue ich jetzt mal nichts“. Tatsache ist, im
Journal of Applied Toxicology erschien eine Studie, die zu dem Schluss kommt, dass Bt Toxin in Bezug auf menschliche Zellen nicht inert reagiert (
2).
Für mich ist das ein sehr guter Grund, GMOs nicht auf den Speiseplan zu setzen. Und wer jetzt sagt, Baumwolle essen wir doch gar nicht. Doch, tun wir, nämlich in Form von Baumwollsamenöl, das in vielen Fertigprodukten enthalten ist.
Für die Schäden, die GMOs anrichten, brauchen Sie nicht einmal mehr eine genetische Veranlagung. Diese Schäden können uns alle treffen. Ein Grund mehr dafür einzutreten, dass diese Pflanzen bei uns nicht flächendeckend in den Handel kommen sollten. In Amerika sind Mais-, Raps, Soja- und Baumwollpflanzen zu über 90 Prozent genetisch modifiziert – und es gibt keine Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel, in denen diese Pflanzen verarbeitet wurden. Warum wohl nicht?
Schimmelbefall
Wie auch andere Getreide weist Mais häufig einen Befall mit Schimmelpilzen auf. Fumonisine gebildet von Fusarienpilzen kommen häufig in Mais vor.
Eine Studie in Molecular Nutrition and Food Research untersuchte den Fumonisin Spiegel von Patienten mit Zöliakie und kam zu dem Ergebnis, dass diese Personen, die eine glutenfreie Diät einhielten, deutlich höhere Spiegel aufwiesen als eine Kontrollgruppe (3). Ganz nebenbei fanden sie heraus, dass die typische glutenfreie Ernährung nicht etwa eine gesunde Ernährung ist. Sie bestand zu einem großen Teil aus Süßigkeiten und glutenfreien Fertigprodukten Ich kann nur immer wieder sagen, glutenfrei heißt nicht automatisch gesund (genausowenig wie bio oder vegan).
Schimmelpilze führen zu einer Aktivierung des Immunsystems mit daraus resultierenden Gesundheitsproblemen. Patienten mit Zöliakie weisen häufig eine Sensitivierung auf Schimmelpilze auf, weil sie viele Produkte essen, die Mais enthalten und damit ständig niedrige Dosen Fumonisin zugeführt bekommen.
Die Symptome sind ähnlich denjenigen, die bei einer Infektion mit Hefepilzen auftreten: Autoimmunerkrankungen, Gelenkschmerzen, Asthma, Hautirritationen im Bereich der Augen und Nase, Ekzeme, Nasennebenhöhleninfektionen, Konzentrationsschwäche etc.
Fumonisine stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. So tritt Speiseröhrenkrebs vermehrt in Gebieten mit hoher Fumonisinbelastung auf (4).
Auch eine erhöhte Rate embryonaler Fehlbildungen wurde in der Vergangenheit mit dem
Schimmelpilzgift in Verbindung gebracht. Fumonisine sollen insbesondere mitverantwortlich für Spina bifida beim Embryo sein – besser bekannt als „offener Rücken“ (
5).
Glutensensitivität und Maiskonsum
Eine Glutenbelastung führt bei Zöliakie Patienten zu einer 500-fachen Steigerung der Entzündungsreaktion der Darmschleimhaut. Mais steigert die Entzündungsreaktion bei diesen Individuen um das 15-fache (6). Personen, die nicht an Zöliakie litten, wiesen keinen Anstieg der Entzündungsreaktion auf. Wir halten also fest, ein Teil der Patienten mit Zöliakie reagiert auf das Gluten in Mais und sollten deshalb Mais sicherlich nicht als Ausweichprodukt essen.
Fazit
Für einige Patienten mit Zöliakie sowie
Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität (NZGS) reicht eine „normale“ glutenfreie Diät womöglich nicht aus. In diesen Fällen sollte auf sämtliche Getreide – auch die sogenannten glutenfreien – verzichtet werden. Ich persönlich finde, dass für diesen Ansatz auch die Tatsache spricht, dass Getreide eine hohe Kohlenhydratbelastung darstellen und im Gegensatz zu nicht stärkehaltigen Gemüsearten vom Nährstoffgehalt eher schlecht abschneiden (vor allem, wenn man die in ihnen enthaltenen
Antinährstoffe mit in die Gleichung einbezieht). Bei mir kommt Getreide einfach nicht auf den Tisch.
Leider sind glutenfreie Lebensmittel für die großen Nahrungsmittelkonzerne einfach ein zu gutes Geschäft, als dass sie sich das entgehen lassen könnten. Und so werden sie immer neue Wege finden, ihre glutenfreien Junkfood-Kreationen als
gesunde Lebensmittel zu vermarkten. Wenn Sie eine Glutenintoleranz oder – sensitivität haben, dann bleibt Ihnen nur die Option, proaktiv an die Sache heranzugehen. Machen Sie sich schlau und lassen Sie sich nicht von der Industrie mit ihren Werbelügen über den Tisch ziehen.
(1) Maize prolamins resistant to peptic-tryptic digestion maintain immune-recognition by IgA from some celiac disease patients.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22298027
(2) Cytotoxicity on human cells of Cry1Ab and Cry1Ac Bt insecticidal toxins alone or with a glyphosate-based herbicide.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22337346
(3) Dietary exposure to fumonisins and evaluation of nutrient intake in a group of adult celiac patients on a gluten free diet.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22495987
(4) Fumonisine https://www.ladr-lebensmittel.de/fachinformationen/mykotoxine
(5) Exposure to Fumonisins and the Ocurrence of Neural Tube Defects along the Texas-Mexico Border
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1367837/
(6) Gut mucosal granulocyte activation precedes nitric oxide production: studies in coeliac patients challenged with gluten and corn. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1774524/