Kalorien Gewichtszunahme

8 Fakten, die Sie über Kalorien wissen sollten

# 1 – Kalorien allein erklären nicht die Gewichtszunahme

Irgendwann in den 80ger Jahren des letzten Jahrhunderts sind die Raten an Übergewicht in die Höhe geschossen (1).  Von vielen Quellen wird angemerkt, dass der Kalorienverbrauch pro Individuum um die gleiche Zeit (2). Das Problem ist aber, dass die Kalorien-Hypothese diese Gewichtszunahme eigentlich nicht wirklich erklärt.

Experten haben sich folgende Faktoren angesehen:

  • Fragebögen zur Nahrungsaufnahme
  • Nahrungsproduktions-Prozesse
  • Pro Kopf Nahrungsmittel-Einkauf

Es wurde gezeigt, dass seit 1978 der Kalorienverbrauch stetig um 200 kcal pro Tag gestiegen ist. Wenn die Kalorien-Hypothese richtig wäre, müsste die Menschheit eigentlich noch deutlich fetter sein, als sie es tatsächlich schon ist. Wir kommen immer wieder auf das Problem zurück, dass eine simple Gleichung komplexe Systeme (wie der Körper eins ist) nicht abbilden kann.

 

Quelle: http://stats.oecd.org/index.aspx?queryid=30126

Merke:  Die jährliche Zunahme in der Kalorienaufnahme beschreibt gut warum wir da sind, wo wir uns befinden, was die Körperzusammensetzung angeht. Unsere Kalorienaufnahme hat zugenommen und wir gleich mit – aber wissen wir wirklich, was das bedeutet?

# 2 – Kalorien allein erklären nicht die Zunahme an Übergewichtigen

Bei diesem Punkt ist es wichtig zwischen beschreiben und erklären zu unterscheiden. Ich bin der Meinung, dass wir es ganz gut hinkriegen zu beschreiben, dass wir eine Menge Kalorien konsumieren (in Relation zur Gewichtszunahme), aber ich möchte mal behaupten, dass diese Beschreibung nichts zum Verständnis beiträgt, warum es zu dieser Gewichtszunahme kommt.

Was meine ich damit. Nun, vergleichen wir es mal mit dem Ergebnis eines Fußballspiels. Sie können ganz einfach bestimmen welches Team gewonnen hat, wenn Sie sich die erzielten Tore ansehen. Sie können sagen: „Dieses Team hat gewonnen, weil es zwei Tore mehr geschossen hat.“ Super, so kann man also das Ergebnis beschreiben, und dieses Vorgehen ist absolut korrekt. Aber erklärt es, warum das Team gewonnen hat? Überhaupt nicht!

Merke: Wenn die Annahme stimmt, dass die Anzahl der Kalorien das Problem ist – und zwar das einzige Problem – dann wäre eine Kalorienreduktion die natürliche Lösung für dieses Problem. Das klingt logisch, ist aber – wie wir wissen (sollten) nicht die richtige Lösung.

Die Vorstellung, dass Kalorien die aktuelle Adipositas-Epidemie erklären, kränkelt daran, dass die Kalorien als einzige Erklärung gesehen werden und damit auch als einzige Lösung. Es gibt aber eine ganze Menge andere Faktoren, die wichtig sind, sodass es einfach falsch ist, Kalorien als einzigen Schuldigen zu identifizieren. Wie gesagt, das ist eine Beschreibung, aber es hilft nicht bei der Problemlösung.

# 3 – Alle Kalorien haben die gleiche Auswirkung auf den Körper

Das würde uns jedenfalls die Nahrungsmittelindustrie gerne glauben machen. Inzwischen setzt sich aber doch die Erkenntnis durch, dass Kohlenhydrate vielleicht eine andere Wirkung auf den Körper haben als Kalorien aus Fetten oder Proteinen. In klinischen Untersuchungen zeigt sich auch immer wieder, dass eine Reduzierung der Kohlenhydrate zu einer deutlicheren Gewichtsreduktion führt (3). Und diese Erkenntnis haben Wissenschaftler schon vor dem ganzen Fettirrsinn gehabt, der zum größten Menschenexperiment überhaupt geführt hat (ist ja, wie wir wissen, leider gescheitert).
Der Punkt ist, dass Kohlenhydrate die Ausschüttung von Insulin bewirken. Insulin führt zur Fetteinlagerung und daraus folgt, dass Kohlenhydrate eine Vorbedingung für die Gewichtszunahme darstellen. Diese Annahme führt auch ins Feld, dass wir aktuell mehr Kohlenhydrate konsumieren als je zuvor in der Menschheitsgeschichte, und dass dies der Grund für die Gewichtszunahme ist.
Merke: Kohlenhydrate spielen sowohl bei der Gewichtszunahme als auch -abnahme eine Rolle, da Insulin die Fettspeicherung und -freisetzung beeinflusst.

# 4 – Proteine unterstützen die Gewichtsabnahme

Was die Gewichtsabnahme betrifft, stellen Proteine einen ganz wichtigen Baustein dar (4). Wichtig ist es dabei, die richtige Menge an Protein aufzunehmen. Zu wenig Protein führt zum Abbau von Muskelmasse, zu viel Protein wird vom Körper über die Gluconeogenese (tolles Scrabble-Wort) in Zucker umgewandelt und letztendlich als Fett gespeichert. Eine optimale Menge scheinen 25 – 35 % der Kalorien zu sein. Hierbei sehen Sie ziemlich schnell einen ziemlich großen Unterschied in der Körperzusammensetzung (wenn Sie nicht zu viel Kohlenhydrate konsumieren).

Protein bietet folgende Vorteile:
  • Es wirkt appetitzügelnd
  • Es baut Muskeln auf
  • Es erhöht die Stoffwechselrate.

Das Problem bei einer eiweißreichen Diät ist, dass man sehr gut planen muss. Proteinhaltige Nahrungsmittel sind nicht so kalorienreich wie Fett oder Kohlenhydrate, deshalb muss man am Anfang etwas rechnen, um tatsächlich in diesen optimalen Bereich zu kommen. Aber es dauert nicht lange, bis man den Bogen raus hat.

# 5 Die Qualität der Nahrungsmittel hat keine Auswirkung auf das Gewicht

Kalorien rein minus Kalorien raus = Gewichtszunahme oder -abnahme. Ach ja, Bewegung kam ja auch noch irgendwie mit ins Spiel. Ist doch so oder? Jedenfalls wenn sie die meisten Leute befragen. Leider vertreten diese Meinung auch weiterhin ein Großteil der Ärzte.

Immerhin gab es mal einen Professor für Ernährung, der die „Twinkie Diät“ ausprobiert hat. Diese Diät bestand tatsächlich eigentlich nur aus Twinkies und anderen Süßigkeiten (5).
Das Erstaunliche: Er nahm tatsächlich 27 Pfund ab. Sollten sich jetzt alle Junk-Food Fans darüber freuen und sagen: „Geht doch!“? Womöglich nicht. Zunächst einmal hat der Professor seine tägliche Kalorienzufuhr um 800 kcal gekürzt. Tatsache ist aber auch, dass uns die Leute, die gezwungenermaßen über längere Zeit so eine Twinkie-Diät machen und dabei nicht die Kalorienzufuhr drosseln (nämlich die Armen auf der ganzen Welt), zeigen, dass diese Ernährungsform über längere Zeit zu Übergewicht führt (und dann sind da noch die Auswirkungen auf die Gesundheit).
Oder doch?
Okay, aber sehen wir uns doch mal eine ernsthaftere Studie an:
Eine Studie der Universität Harvard aus dem Jahr 2012, zeigt klar auf, dass die Qualität der Kalorien sehr wohl zählt (6).
Die Teilnehmer dieser Studie wurden in drei Gruppen eingeteilt:
  1. Fettarme Diät mit viel Kohlenhydraten (also die in westlichen Industrienationen empfohlene Diät)
  2. Modifizierte Atkins Diät, das heißt mehr Protein und Fett bei rigoroser Reduzierung der Kohlenhydrate (vor allem keine Getreideprodukte)
  3. Niedrig-GI Diät (GI = Glykämischer Index), ein Modell, das auf die Regulierung des Blutzuckerspiegels abzielt. Bei dieser Diät wurden Protein und Kohlenhydrate nicht eingeschränkt, aber auf die Qualität der Kohlenhydrate geachtet (Avocado toppt Toast).
Und die Ergebnisse? Eigentlich wie erwartet, wenn man weiß, dass nicht alle Kalorien im Körper die gleiche Wirkung entfalten.
  1. Schlechte Neuigkeiten für die fettarme Diät (Überraschung!). Die Probanden in dieser Gruppe verbrannten weniger Kalorien als diejenigen der beiden anderen Gruppen. Außerdem wurden einige Stoffwechselmarker dieser Gruppe in einer Weise verändert, die typischerweise eine Gewichtszunahme vorhersagt. UUPS!
  2. Die Atkins Gruppe verbrannte die meisten Kalorien, hatte aber auch einen Anstieg bestimmter Entzündungsmarker (zum Beispiel Cortison), die als Risikofaktoren für Herz-Kreislauf Erkrankungen und andere Gesundheits-probleme gelten.
  3. Die niedrig-GI Diät führte für die Teilnehmer zur richtigen Balance. Sie lagen bei der Kalorienverbrennung in der Mitte zwischen den beiden anderen Gruppen, hatten aber scheinbar keinen Anstieg der Stressmarker.

Merke: Die Quelle der Kalorien, die wir aufnehmen spielt durchaus eine Rolle, aber wir sollten auch die Menge an Kalorien nicht ganz außer Acht lassen. Auch mit einer Atkins-Diät nehmen Sie zu, wenn Sie längerfristig deutlich zu viele Kalorien essen.

# 6 – Sport führt nicht zu gesteigertem Kalorienverbrauch

Huch, was soll das jetzt? Es ist tatsächlich so. Sport hilft unserem Körper, aufgenommene Kalorien besser zu verwerten – sei es durch entleehrte Glykogenspeicher im Muskel oder überhaupt durch eine größere Muskelmasse (die Muskeln verbrauchen die meiste Energie – schön, wenn man welche hat).

Aber trotzdem besteht kein Grund zur Begeisterung, wenn Ihnen Ihr Trainingsgerät im Fitnessstudio anzeigt, dass Sie gerade 600 kcal verbrannt haben, denn die tatsächlich durch die Bewegung zusätzlich verbrannten Kalorien liegen deutlich niedriger. Und warum ist das so? Nun, zum einen hat jeder von uns einen anderen Stoffwechsel und eine unterschiedliche Muskelmasse, aber dann rechnen die Maschinen auch noch den Grundumsatz in die verbrauchten Kalorien mit ein.

Tatsächlich ist stupides Training an Cardiogeräten zum Abnehmen überhaupt nicht zu empfehlen. Zum Abnehmen benötigt man Muskeln, und die bekommen Sie nur durch Krafttraining.

Und ist Ihnen mal aufgefallen wie hungrig Ausdauertraining macht? Die paar mehr verbrannten Kalorien haben sie mit der nächsten Scheibe Brot gleich wieder wettgemacht.

Sport ist super und auch extrem wichtig, aber wir dürfen Ihn nicht nur als eine Variable in der Gleichung Kalorien rein – Kalorien raus sehen. Sport kann – wie gesagt – dabei helfen, Kalorien besser zu verwerten, aber daneben hat er unter anderem auch folgende Vorteile:

  • Freisetzung von Endorphinen
  • Vermehrte Fettverbrennung speziell des gefährlichen Bauchfetts
  • Besserer Schlaf.

Merke: Sport ist super wichtig, aber wir sollten seine Rolle beim Abnehmen nicht überbewerten. Es gilt immer noch „You can’t out-train a bad diet“ (Sport kommt gegen eine schlechte Ernährung nicht an).

 

# 7 Nicht alle Kalorien machen gleich satt

Das Problem mit den Kalorien ist, dass Kalorien unterschiedlicher Quelle sich auch sehr unterschiedlich verhalten können, was den Sättigungsfaktor angeht (7). In einer perfekten Umgebung, sollte jede Kalorie genau den gleichen Effekt auf Ihren Appetit haben. Aber wir wissen natürlich, dass das in der Realität nicht so ist (Pringles – wetten Sie können nicht nur einen essen).

Richtig schlimme Ausmaße nimmt das an, wenn es sich um flüssige Kalorien handelt. Ihr Gehirn registriert flüssige Kalorien einfach nicht (Wasser, das Menschen seit Millionen Jahren getrunken haben, hat keine Kalorien) und das bedeutet – Cola ist kein Appetitzügler (ganz im Gegenteil) (8).

 

drc-satiety-graph

Für den obigen Graph erhielten Probanden jeweils 220 kcal verschiedener Nahrungsmittel und bewerteten dann, wie gesättigt sie sich fühlten. Es wurde auch gemessen, wie schnell sie wieder hungrig waren. Der sehr hohe Wert für Kartoffeln wird damit erklärt, dass 220 kcal Kartoffeln (nicht Pommes) von der Menge her so viel ist, dass viele Menschen damit schon ein Problem bekommen. Schon 1995 veröffentlichten Holt et al. eine längere Studie zum Thema Sättigungs-Index (9).

 

# 8 – Kalorien zählen auch bei gesunden Nahrungsmitteln

Dieser Punkt geht eigentlich nochmal auf Punkt 5 zurück. Natürlich wollen Sie gesunde Nahrungsmittel essen, aber auch unter den „gesunden“ Nahrungsmitteln gibt es welche, die zur Gewichtszunahme führen, wenn Sie zuviel davon essen (probieren Sie mal, ein Glas Mandelbutter leer zu machen – und glauben Sie mir, es gibt Leute, die tun das).
Besonders aufpassen müssen Sie bei:
  • Nüssen – Wenn Sie immer wieder zwischendurch Nüsse essen, kann das schnell gefährlich werden. Nüsse sind natürlich super gesund, und Sie sollten sie auch unbedingt essen, aber eben nicht bergeweise. Leider sind wir heute in der Lage, Nüsse nicht mehr selbst knacken zu müssen, was das Verspeisen großer Mengen deutlich vereinfacht.
  • Das Gleiche gilt natürlich für Backwaren aus Nussmehlen. Hier kommen sehr schnell richtig viele Kalorien zusammen. Sie sollten deshalb auch nicht jeden Tag auf dem Speiseplan stehen, sondern etwas Besonderes sein.
  • Olivenöl und andere Fette. Von Befürwortern der ketogenen Diät wird gerne behauptet: „Fett macht nicht Fett“. Aber auch hier gilt – die Menge macht’s. Wenn Sie soviel Olivenöl über Ihren Salat gießen, dass er schon wegschwimmt, dann ist das keine gute Idee, auch wenn Olivenöl gesund ist.

Und das Fazit?

Es gibt einige wichtige Punkte, die Sie verstehen sollten, wenn es um die Rolle von Kalorien in Ihrer Ernährung geht:

  1. Kalorien machen etwas aus
  2. Die Qualität Ihrer Nahrungsmittel macht etwas aus
  3. Die Entscheidungen, die Sie in Bezug auf Ihre Ernährung treffen machen etwas aus
  4. Protein macht etwas aus.

Wenn Sie diese vier Prinzipien beherzigen, wird das für Ihren Körper definitiv von Vorteil sein.

 

(1) http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2016-03/uebergewicht-adipositas-ernaehrung-bmi-entwicklung

(2) Caloric Intake and Aging. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2851235/

(3) A low-carbohydrate, ketogenic diet versus a low-fat diet to treat obesity and hyperlipidemia: a randomized, controlled trial. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15148063

(4) Markers of dietary protein intake are associated with successful weight loss in the POUNDS Lost trial. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28340516

(5) http://edition.cnn.com/2010/HEALTH/11/08/twinkie.diet.professor/

(6) http://abcnews.go.com/Health/calorie-calorie-harvard-study-compares-popular-weight-loss/story?id=16654506

(7) A satiety index of common foods. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7498104

(8) Does the consumption of caloric and non-caloric beverages with a meal affect energy intake? https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15808893

(9) https://www.ucsyd.dk/fileadmin/user_upload/om_uc_syddanmark/dokumenter/marianne_markers_kursus_NRO/110228_Holt%20et%20al%20Satiety%20index.pdf