„Bio-Lachs“ wird in Aquakulturen aufgezogen
Für Menschen, die sich gesund ernähren wollen, hat die Bezeichnung „Bio-Lachs“ einen guten Klang. Lachs ist doch schließlich der Liebling von Ernährungsberatern und Ärzten – und dafür gibt es auch gute Gründe. Dieser Kaltwasser Fisch enthält große Mengen hochwertiges Protein, gesunde Fettsäuren und Vitamine. Na, und wenn er dann noch „Bio“ ist, dann geht’s eigentlich doch gar nicht mehr besser, oder?
Tja, und da liegt – Sie haben es schon vermutet – auch der Knackpunkt. Ein Lachs, der die Bezeichnung „Bio“ trägt, ist definitionsgemäß kein Lachs aus Wildfang. Den darf man nämlich nicht mit dem Bio-Siegel versehen. Stellen Sie sich das mal vor, so ein Fisch, der artgerecht lebt und nur frisst, was so ein Lachs eben frisst (und nicht einmal Getreide!). Ich meine, das geht doch nicht, das kann doch einfach nicht „Bio“ sein. Nun, unsere „Bio“-Wächter sehen das jedenfalls so.
Dummerweise ist aber der „Bio-Lachs“ nicht so gesund wie er klingt. Und ich erkläre Ihnen auch gleich, warum das so ist.
Gibt es einen Unterschied zwischen konventioneller und biologischer Aquakultur?
In der EU gibt es Standards, die bestimmen, unter welchen Umständen aus einem Lachs ein „Bio-Lachs“ wird. Und da ist – wie gesagt – eine ganz große Vorbedingung, dass der Fisch in einer Aquakultur aufgezogen werden muss.
Die Definition der Aquakultur finde ich besonders schön (1):
„Gezielte Aufzucht und Produktion von Wasserorganismen unter kontrollierten Bedingungen mit dem Ziel der Produktionssteigerung über das unter natürlichen Bedingungen mögliche Maß hinaus mit produktionsteigernden Eingriffen von der Eiablage über die Setzlinge bis zur Mast (Besatz, Sortierung, Schutz vor Fraßfeinden, Tiergesundheit).“
Es gibt außerdem Vorgaben zu den Haltungsbedingungen und zum Futter wie bei anderen „Bio“ Tieren auch. Das bedeutet, die Bio-Tiere haben etwas mehr Platz und dürfen zum Beispiel kein gentechnisch verändertes Futter bekommen, damit hören die Unterschiede aber auch schon auf.
Na ja, und durch diese Aktion kommt es dazu, dass „Bio-Lachs“ nicht so gesund ist wie Lachs aus Wildfang, und es kann sogar sein, dass er gegenüber dem Lachs aus konventioneller Aquakultur keine Vorteile mehr aufweist. Sie zahlen also einen hohen Preis für ein relativ ungesundes Produkt.
Was „biologische“ Aufzucht tatsächlich bedeutet
Der „Bio-Lachs“ wird in großen Netzkäfigen gehalten. Während Wildlachs eine sehr abwechslungsreiche Ernährung aus Insekten, kleinen Fischen, Tintenfischen und Garnelen hat, bekommen sowohl konventionell als auch biologisch aufgezogene Lachse ein kommerzielles „Lachsfutter“, das sehr getreide- und Sojaöl-lastig ist und außerdem noch Hefen enthält. Und ganz ehrlich, die Tatsache, dass „Bio-Lachse“ dann mit „Bio-Getreide“ gefüttert werden, ändert nichts daran, dass diese Ernährung für die Fische deutliche negative Effekte hat.
Lachse aus Aquakultur – weniger Nährstoffe, höhere Verschmutzung
Diese unnatürliche Ernährung führt bei beiden – konventionellen und „Bio-Lachsen“ – dazu, dass sie wesentlich ungesündere Fettsäureprofile haben als Wildlachse. Auch die Kulturlachse enthalten noch Omega-3 Fettsäuren (wenn auch deutlich weniger als Wildlachs), die Vorteile dieser Fette werden aber durch die mit ihnen auftretenden höheren Konzentrationen an Omega-6 Fettsäuren (sehr viel höher als bei Wildlachs) zunichte gemacht. Zur Erinnerung – Omega-6 Fettsäuren haben eine entzündliche Wirkung, Sie wollen also nicht zu viele davon in Ihrem Körper haben.
Noch bedenklicher ist allerdings, dass die Lachse aus Aquakultur (egal welcher Art) sehr viel höhere Konzentrationen von schädlichen Polychlorierten Biphenylen (PCBs) enthalten als Wildlachs.
Polychlorierte Biphenyle sind giftige und krebsauslösende organische Chlorverbindungen, die bis in die 1980er Jahre vor allem in Transformatoren, elektrischen Kondensatoren, in Hydraulikanlagen als Hydraulikflüssigkeit sowie als Weichmacher in Lacken, Dichtungsmassen, Isoliermitteln und Kunststoffen verwendet wurden. PCB zählen inzwischen zu den zwölf als dreckiges Dutzend bekannten organischen Giftstoffen, welche durch die Stockholmer Konvention vom 22. Mai 2001 weltweit verboten wurden. Nicht wirklich etwas, was man im Essen haben möchte.
Und dann kommt noch hinzu, dass die Lachse aus Aquakultur eine synthetische Variante des Stoffes Astaxanthin bekommen. Dieses antioxidative Carotenoid gibt dem Lachs seine leuchtend rote Farbe. In der natürlichen Diät wird Astaxanthin aus Krebstieren und Algen aufgenommen. Durch das synthetische Produkt, soll die Farbe der Lachse aus Aquakultur derjenigen von Lachsen aus Wildfang angeglichen werden, die eine natürliche, gesunde Ernährung haben. Schließlich könnte man sonst schon an der Fleischfarbe sehen, dass mit diesen Lachsen wohl etwas nicht in Ordnung ist.
Weitere Risiken, die Aquakulturen mit sich bringen
Eine Aquakultur (auch wenn es eine biologische ist) bringt es mit sich, dass eine große Menge Fische auf mehr oder weniger beschränktem Raum gehalten werden. Absinkendes Futter und Fäkalien verschmutzen den Meeresboden unter den Gehegen. Durch die Haltung vieler Tiere auf engem Raum können sich Krankheiten unter ihnen schnell verbreiten. Daher werden Antibiotika und Pestizide eingesetzt. Der Boden unter den Käfigen ist oft hoch belastet mit den Rückständen aus den Zuchten.
Die Gehege werden normalerweise in der Nähe von Migrationsrouten platziert. So kann es passieren, dass Wildlachse sich mit parasitischen Fischläusen und Viren anstecken können, die bei Fischen aus Aquakulturen häufig auftreten. Die gezüchteten Arten, die nach ihrer Resistenz ausgewählt werden, überleben diese Situation häufig durch den intensiven Einsatz von Antibiotika und Impfungen, aber im umliegenden natürlichen Lebensraum werden die freien lokalen Arten voll davon betroffen. Tatsächlich ist es durch Krankheiten, die durch Aquakulturen in Norwegen, Schottland und Irland verbreitet wurden, zu einer Dezimierung der atlantischen Wildlachs-Bestände gekommen.
Eine Sache sollte Ihnen klar geworden sein: „Bio-Lachs“, der häufig genauso viel kostet wie Wildlachs, ist nicht viel besser als konventionell erzeugter Lachs in Bezug auf die Gesundheit der Konsumenten und den Umweltschutz.
Achtung: Wildlachsbetrug!
Wildlachs ist ohne Zweifel optimal was Nährstoffe und Geschmack angeht. Sie sollten aber aufpassen, dass Sie nicht über den Tisch gezogen werden. Die Oceana Gruppe hat eine Untersuchung herausgebracht, die diesen Betrug aufdeckt (2). Die Forscher untersuchten 82 Proben von angeblichem „Wildlachs“ aus Restaurants und Supermärkten und stellten fest, dass 43 % dieser Proben falsch deklariert waren, da es sich bei ihnen häufig um Lachs aus Aquakulturen handelte.
69 % der falsch deklarierten Fische waren Lachse aus atlantischer Aquakultur, bei den übrigen wurden minderwertige Pazifik Lachse – wie Ketalachse – als Sockeye oder Königslachs ausgegeben.
Dieses Problem trat vor allem in Restaurants und bei kleineren Geschäften auf. Überraschenderweise war der Lachs in den großen Supermarktketten richtig ausgezeichnet. Wenn Sie dieses Risiko umgehen wollen, sollten Sie frischen Lachs von April – September kaufen – in diesem Zeitraum ist in Alaska Fangsaison.
Eine weiter Option besteht darin, einfach Alaska Wildlachs in der Dose zu kaufen. Da in Alaska Aquakulturen verboten sind, muss jeder Lachs, der von dort stammt, definitionsgemäß aus Wildfang stammen.
(1) http://www.bfr.bund.de/cm/343/lebensmittelsicherheit_bei_aquakulturen_eine_herausforderung_im_zeichen_der_globalisierung.pdf
(2) http://usa.oceana.org/publications/reports/oceana-reveals-mislabeling-americas-favorite-fish-salmon?_ga=2.125502346.1261806430.1495812887-1620288860.1495812852