Tiefenentspannung

Was Tiefenentspannung für Ihre Gesundheit tun kann

Für die meisten Menschen ist Stress ein ständiger Begleiter, aber eigentlich sollte es so gar nicht sein. Stress ist eigentlich nur als kurzfristige Antwort des Körpers oder Geistes auf äußere Einflüsse vorgesehen. Er sollte niemals konstant im Hintergrund (und für manche auch im Vordergrund) ablaufen und so unsere Lebensqualität über eine längere Zeit beeinflussen.

Dummerweise befinden sich aber die meisten Menschen in einem Hamsterrad, und der Stress ist immer da und simmert auch unter der Oberfläche von eigentlich positiven Erfahrungen weiterhin vor sich hin. Dieser chronische Stress – ob Sie ihn nun wahrnehmen oder nicht – führt letztendlich zum körperlichen und geistigen Zusammenbruch. Die Folgen sind chronische Krankheiten Depressionen oder ein Burn out.

Für eine Tiefenentspannung ist im modernen Leben kein Platz, und viele Leute zucken schon beim Gedanken daran zusammen. Wir haben einfach zu viel auf unserer To do Liste: die Kinder, manchmal mehr als ein Job, lange Arbeitswege, und dann sind da ja auch noch die alltäglichen Besorgungen und gesellschaftliche Verpflichtungen. Einige Leute wissen nicht einmal mehr wie das geht, einfach mal zurückzutreten und sich vollkommen zu entspannen, mal völlig abzuschalten und sich einen inneren Rückzugsort zu erschaffen. Diese Form der Tiefenentspannung kann tatsächlich heilen und einige der schädlichen Effekte von chronischem Stress umkehren.

Die Stressreaktion

Chronischer Stress hat auf einem biologischen Level sehr schädliche Auswirkungen. Inzwischen weiß man, dass er zu vorzeitiger Alterung auch auf zellulärer Ebene führt.

Steht der Körper unter Stress so schüttet er Hormone und Neurotransmitter (Nervenbotenstoffe) aus, die dafür sorgen, dass das nackte Überleben gewährleistet ist. Nicht lebenswichtige Körperfunktionen – wie zum Beispiel die Fortpflanzung oder die Verdauung – werden einfach mal abgestellt (wer hat Zeit, sich fortzupflanzen, wenn er von einem Säbelzahntiger gejagt wird?). In unserer Entwicklungsgeschichte war dieser Zustand typischerweise eine Fight or Flight Antwort (also abhauen oder kämpfen), die von Cortisol und Adrenalin ausgelöst wurde. Und ganz wichtig – sie hielt jeweils nur für kurze Zeit an.

Akuter Stress gegen chronischen Stress

Ein kurzzeitiger Stress ist gut für den Körper (Eustress). Dieser tritt zum Beispiel bei einem HIIT Training auf und sorgt dafür, dass der Körper zum Beispiel mehr Muskeln aufbaut (wer fliehen will, braucht Muskeln).

Chronischer Stress ist aber eine ganz andere Sache. Stress, der über einen langen Zeitraum besteht (ohne Atempause), verursacht ernsthafte Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, des Verdauungssystems, des Immunsystems und häufig auch eine Infertilität (Unfruchtbarkeit). Denn anstatt sich auf die Aufrechterhaltung all dieser Körperfunktionen konzentrieren zu können, ist Ihr Körper in einem konstanten Fluchtmodus. Und das bedeutet, eine Vielzahl körperlicher Funktionen wird einfach mal vernachlässigt.

Was genau ist Tiefenentspannung

Und wie sieht richtige Entspannung nun aus? Müssen Sie auf einer Yogamatte sitzen und Ohm singen?

Nun, auf jeden Fall sieht sie nicht so aus, dass Sie sich auf Ihr Sofa fläzen und das Dschungelcamp gucken (sorry). Und auch ein stundenlanger digitaler Treff mit Ihren Facebook „Freunden“ gehört nicht dazu.

Tiefenentspannung bezeichnet einen meditativen Zustand, in dem alle Spannungen sowohl auf körperlicher wie geistiger Ebene losgelassen werden. Das heißt, das Gehirn darf mal total abschalten und muss sich nicht mehr mit der nächsten Aufgabe auf Ihrer To do List oder den offenen Rechnungen auseinander setzten.

Was kann Tiefenentspannung für Ihre Gesundheit tun?

Seit Jahrtausenden werden Entspannungstechniken von Völkern auf der ganzen Welt angewendet. Hierzu gehören zum Beispiel die Meditation, Gebete oder auch Yogaübungen. Sie alle können Menschen in einen tiefenentspannten Zustand versetzen. Und in Studien wurde immer wieder aufgezeigt, dass sie sehr positive Auswirkungen auf Körper und Geist haben.

  • Schutz vor Herz-Kreislauferkrankungen

Es überrascht sicherlich niemanden zu hören, dass chronischer Stress das Herz-Kreislaufsystem sehr belastet. Ein Grund hierfür ist, dass die normale physiologische Antwort auf Stress in einer Erhöhung des Blutdrucks und der Herzfrequenz besteht, um den Körper auf eine Fluchtreaktion vorzubereiten. Auf lange Sicht führt Stress jedoch zu einem erhöhten Risiko für Herzerkrankungen und Schlaganfälle.

In Studien wird immer wieder nachgewiesen, dass Meditationstechniken zum Schutz gegen Herz-Kreislauferkrankungen und Schlaganfälle eingesetzt werden können (1).

 

 

  • Stärkung des Immunsystems

Wenn Ihr Körper ständig den Eindruck hat, dass er eine lebensgefährliche Bedrohung abwenden muss, dann verzichtet er verständlicherweise darauf, sich um längerfristige Angelegenheiten – wie ein funktionsfähiges Immunsystem – zu kümmern. Es ist absolut kein Zufall, dass Menschen, die ständig gestresst sind, auch häufig unter Infektionskrankheiten leiden (2).

In einer Untersuchung an HIV-infizierten Erwachsenen wurde nachgewiesen, dass eine tägliche Achtsamkeitsmeditation den Abfall der CD4+ T-Lymphozyten (also der T Helferzellen) deutlich reduzierte (3). Das bedeutet, dass die Zerstörung dieser Zellen durch das HI-Virus verlangsamt wird, da das Immunsystem besser arbeitet.

 

  • Förderung der Fertilität

Immer mehr Paare bleiben ungewollt kinderlos. Um es noch einmal zu sagen, wenn Sie ständig unter Strom stehen, denkt Ihr Körper nicht an die Fortpflanzung, denn die ist für Ihr kurzfristiges Überleben nun wirklich nicht wichtig. Viele Leute merken auch, dass sie eigentlich gar keine Lust mehr auf Sex haben, wenn sie gestresst sind. Bei Frauen, die langfristigen Stress haben, kann es zu einem Aussetzen der Menstruation kommen. Studien zeigen auch auf, dass Frauen mit einem hohen Stressniveau eher unfruchtbar sind (4).

 

  • Höhere Widerstandsfähigkeit gegen Stress

Viele Menschen berichten, dass sie sich nach einer Meditation oder anderen Entspannungstechniken wesentlich ruhiger und ausgeglichener fühlen und eine bessere Kontrolle über ihre Reaktion auf Stressauslöser haben. Die Tiefenentspannung führt zu einer gesteigerten geistigen Gesundheit und einer Reduzierung von Depressionen, Stimmungsschwankunen und sonstigem emotionalen Stress.

 

  • Tiefenentspannung stellt die epigenetische Uhr zurück

In einer gerade neu erschienen Studie wurden Biomarker des biologischen Alterns bei Langzeit Meditierern und Meditationsunerfahrenen gemessen. Es stellte sich heraus, dass die epigenetische Uhr bei den Meditierern deutlich langsamer läuft als bei den Nicht-Meditierern – will heißen: Sie altern langsamer (5). Na, wenn das keine Motivation ist…

Techniken zur Tiefenentspannung

Es ist extrem wichtig, dass Sie die Tiefenentspannungs Technik finden, die genau zu Ihnen passt. Nicht jeder hat Lust auf tägliche Gebete oder Yoga, und es macht natürlich überhaupt keinen Sinn, sich zu etwas zu zwingen – das verursacht nur noch mehr Stress.

Hier sind einige Techniken, die zu einer Tiefenentspannung führen können:

  • Yoga
  • Meditation
  • Tai-Chi
  • Qi-Gong
  • Progressive Muskelrelaxation
  • Geführte Bilder
  • Biofeedback
  • Tiefe Atemübungen (eigentlich auch eine Form der Meditaion)

Egal, wofür Sie sich letztendlich entscheiden, wichtig ist, dass Sie die Übungen täglich wiederholen. Nur so kommen Sie tatsächlich in den Genuss der gesundheitlichen Vorteile. Sie müssen auch keine Stunden damit verbringen. 5 – 10 Minuten reichen aus. Und wenn Sie das sogar mehrmals pro Tag schaffen – super!

 

 

(1) Stress reduction in the secondary prevention of cardiovascular disease: randomized, controlled trial of transcendental meditation and health education in Blacks.  https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23149426

(2) https://www.aerzteblatt.de/archiv/35552/Psychoneuroimmunologie-Stress-erhoeht-Infektanfaelligkeit

(3) Mindfulness meditation training effects on CD4+ T lymphocytes in HIV-1 infected adults: a small randomized controlled trial.  https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18678242

(4) Preconception stress increases the risk of infertility: results from a couple-based prospective cohort study—the LIFE study  https://academic.oup.com/humrep/article/29/5/1067/2913997/Preconception-stress-increases-the-risk-of

(5) Epigenetic clock analysis in long-term meditators.  https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28889075