Manchmal kommt es doch auf die Größe an
Forscher haben eine direkte Verbindung zwischen einer Abnahme der Größe des Hippocampus – des Gedächtniszentrums des Gehirns – und der allgemeinen Hirngesundheit gefunden. Es wurde nachgewiesen, dass erhöhte Blutzuckerspiegel einen direkten Zusammenhang zur Hirnatrophie (Hirnschrumpfung) und daraus resultierenden Problemen betreffend des Erinnerungsvermögens, Lernens und kognitiven Fähigkeiten haben.
Eine Studie der Berliner Charité untersuchte 141 gesunde Probanden mit einem Durchschnittsalter von 63 Jahren, die weder einen Diabetes noch eine Demenz aufwiesen, hinsichtlich der Fragestellung, ob es einen Zusammenhang zwischen Gedächtnisleistungen und der Größe der Hippocampusregion im Gehirn gibt (1).
Es wurde eine Bewertung der Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit für neue Inhalte durchgeführt und die Größe des Hippocampus mittels eines MRT (Magnetresonanztomographie) des Gehirns gemessen. Die Blutzuckerspiegel der Probanden wurden im Hinblick auf Verbindungen zu den anderen Parametern bewertet.
Niedrigere Blutzuckerspiegel sind mit besserem Gedächtnis, Lernfähigkeit und Hirnfunktion assoziiert
Die Untersucher fanden eine direkte Korrelation zwischen niedrigeren Blutzuckerspiegeln und positiveren Ergebnissen in mehreren Hirnfunktionsbereichen. Niedrigere Glucosespiegel hatten eine signifikante Verbindung zu besseren Gedächtnisleistungen sowie einer höheren Fähigkeit neue Dinge zu lernen. Es gab auch einen starken Zusammenhang zwischen den Blutzuckerspiegeln und der Größe des Hippocampus. Es fand sich eine deutlich ausgeprägtere Hirnschrumpfung bei Probanden mit hohen Blutzuckerspiegeln.
Co-Autorin Dr. Flöel merkt dazu an:
„Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass es selbst für Menschen, die sich im normalen Referenzbereich bewegen, eine vielversprechende Strategie zur Vermeidung von altersbedingten Gedächtnisproblemen und kognitivem Verfall sein könnte, den Blutzuckerspiegel zu senken.“
2012 wurde die PATH Studie (Population Assessment of Tobacco and Health) veröffentlicht, die ebenfalls aufzeigte, dass Blutzuckerwerte im hoch normalen Bereich mit einem kleineren Volumen von Hippocampus und Amygdala (Mandelkerne) einhergehen (2). Die Amygdala beeinflussen als Teil des limbischen Systems Emotion und Erinnerung in vielfältiger Weise – vor allem, wenn Angst und Wut auftreten, sind sie im Spiel.
Die Autoren folgern dass sogar im subklinischen Bereich (die Blutzuckerspiegel, bei denen es zur Volumenabnahme von Hippocampus und Amygdala kam waren unter 6,1 mmol/L – das ist im Normbereich) und in Abwesenheit von einem Diabetes, die Überwachung und Steuerung von Blutzuckerspiegeln einen Einfluss auf die Gesundheit des Gehirns haben können. Sie stellen zur Diskussion, ob diese Ergebnisse, wenn sie von anderen Forschergruppen so reproduziert werden (was mit der deutschen Studie der Fall ist), zu einer Re-Evaluation des Verständnisses von „normalen“ Blutzuckerspiegeln und der Definition von Diabetes führen sollten.
Auch in Abwesenheit von Gesundheitsproblemen wie Typ II Diabetes und eingeschränkter Glucosetoleranz scheinen hohe Blutzuckerspiegel das Gehirn und die allgemeine Gesundheit negativ zu beeinflussen. Eine Senkung und Regulierung des Blutzuckers ist für viele gesundheitliche Aspekte wichtig, und jetzt können wir auch noch Gedächtnis und kognitive Leistung mit auf die Liste setzen.
Zusätzlich zu ihren Effekten am Gehirn haben hohe Blutzuckerspiegel auch Auswirkungen auf Herzerkrankungen (3), Diabetes, Adipositas (4) und Demenz (5).
Ein weiterer Grund hohe Blutzuckerspiegel zu vermeiden.
Die negativen Auswirkungen durch einfache Kohlenhydrate und Zucker in der Ernährung stehen schon seit einigen Jahren im Rampenlicht. Die Studie der Berliner Charité unterstreicht noch einmal die Wichtigkeit, auf Nahrungsmittel mit einem Blutzucker steigernden Effekt zu verzichten. Sorry, aber so ist es nun mal. Unser Körper ist für den von uns betriebenen Zuckerkonsum nicht vorgesehen. Und wie immer an dieser Stelle: Auch das gesunde Vollkornbrot und das Bio-Müsli gehören in diese Kategorie.
Die gute Nachricht ist, was übrig bleibt, wenn wir diese Dinge von unserem Speiseplan streichen, ist super lecker und vielfältig. Sie haben eine riesen Auswahl an bunten Obst- und Gemüsesorten, grünem Blattgemüse, Nüssen und Samen. Dazu kommt noch Protein von Tieren aus artgerechter Haltung, die nicht mit einer getreidelastigen Ernährung krank gemacht wurden, und wirklich leckere Fette wie zum Beispiel Butter von Weidetieren, Avocados, Olivenöl und fetthaltige Fische.
Warum Vorbeugung so wichtig ist: Abbau von Hirnmasse ist schwer umkehrbar
Es gibt jetzt mehrere Studien, die einen Zusammenhang zwischen Blutzuckerspiegeln und einer Volumenabnahme von wichtigen Hirnarealen nachweisen, die zu einer Verminderung von Gedächtnisleistungen und anderen Hirnfunktionen führen können.
Diese Ergebnisse sind besonders für die ältere Bevölkerung von Interesse, da es keine Medikamente gibt, die die Hirnmasse wieder aufbauen können. Zwar gibt es einzelne Fallbeispiele über Patienten mit Alzheimer Demenz, die durch eine radikale Ernährungsumstellung einen Teil ihrer verloren gegangenen Hirnleistung wiedererlangen konnten, aber Sie wissen ja: Vorbeugen ist besser als heilen.
Im besten Fall sollten Sie durch diese Studienergebnisse hoch motiviert sein, Ihren Blutzuckerspiegel durch entsprechende Ernährungsmaßnahmen möglichst niedrig zu halten. Und dabei ist es völlig egal, ob Sie jetzt alt oder jung sind. Im Gegenteil: Je früher, desto besser!
(1) Higher glucose levels associated with lower memory and reduced hippocampal microstructure. http://www.neurology.org/content/81/20/1746
(2) Higher normal fasting plasma glucose is associated with hippocampal atrophy: The PATH Study. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22946113
(3) http://www.nhs.uk/news/2014/02February/Pages/Sugar-intake-linked-to-heart-disease-deaths.aspx
(4) https://intensivedietarymanagement.com/insulin-causes-weight-gain-hormonal-obesity-iv/
(5) Glucose Levels and Risk of Dementia. http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1215740
http://www.nhs.uk/news/2014/02February/Pages/Sugar-intake-linked-to-heart-disease-deaths.aspx
http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1215740