Die Verordnungszahlen für Protonenpumpeninhibitoren (PPIs) haben sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns fordert in einer aktuellen Mitgliederinformation Ärzte dazu auf, vor jeder Neu- oder Folgeverordnung die Indikation gewissenhaft zu prüfen. Denn die unkritische Anwendung der Wirkstoffe birgt eine Reihe von Risiken.
Ich staune immer wieder darüber, wie weit verbreitet diese Medikamente doch sind. Eingeführt zur kurzzeitigen Anwendung bei Magengeschwüren, werden sie heute von vielen Menschen gegen Sodbrennen und Völlegefühl und manchmal – hat man den Eindruck – auch einfach so genommen. Es vergeht jedenfalls kein Tag, an dem ich nicht mindestens einen Patienten habe, der diese Tabletten schon seit Jahren schluckt.
Die bekanntesten Nebenwirkungen einer langfristigen PPI-Einnahme sind ein erhöhtes Osteoporose- und Frakturrisiko, das Auftreten von Darminfektionen sowie ein Vitamin B12-Mangel. Zu unerwünschten Wirkungen im Bereich der Nieren geben die Fachinformationen Hinweise auf seltene Fälle von Nierenentzündungen (interstitielle Nephritis).
Seit Sommer 2009 sind PPIs auch als freiverkäufliche apothekenpflichtige
Medikamente in Deutschland verfügbar. Derzeit sind Omeprazol
und Pantoprazol in einer Dosierung von 20 mg erhältlich. Aber lassen Sie sich nicht täuschen – nur weil diese Medikamente freiverkäuflich sind, bedeutet das eben noch lange nicht, dass sie als harmlos einzustufen sind. Ganz im Gegenteil.
Probleme durch PPIs können „schleichend“ entstehen
Neuere Studien zeigen jetzt auf, dass die Langzeitanwendung dieser Medikamente zu einer Nierenschädigung führen kann, die scheinbar „ganz plötzlich“ und ohne Warnzeichen auftritt.
In Kidney International erschien eine Studie, die über einen Zeitraum von 5 Jahren lief und 125000 Patienten untersuchte (1). Die Untersucher kamen zu dem Ergebnis, dass über die Hälfte der Fälle von chronischen Nierenschäden und dialysepflichtiger Niereninsuffizienz bei Personen auftraten, die vorher keine Symptome von Nierenproblemen hatten. Laut Studienautor Dr. Ziyad Al-Aly zeigte die Studie, dass bei Patienten die PPIs einnehmen, sich Nierenprobleme schleichend über einen längeren Zeitraum einstellen, die Nierenfunktion wird gemindert bis es schließlich zur langfristigen Nierenschädigung oder sogar zum Nierenversagen kommt.
Kommt es zum Nierenversagen, so gibt es nur noch zwei Optionen: die Dialyse oder eine Nierentransplantation.
Und so warnt auch Dr. Al-Aly, dass Ärzte dringend auf die Nierenfunktion achten müssen, wenn Patienten PPIs langfristig verschrieben bekommen. Und das auch in Fällen, in denen es keine Anzeichen für eine Nierenschädigung gibt.
In der Studie wurden auch 18436 Patienten untersucht, die zur Unterdrückung der Magensäureproduktion H2 Blocker einnahmen. In diese Gruppe gehören zum Beispiel Medikamente wie Cimetidin und Ranitidin. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass H2 Blocker die Magensäuresekretion zwar nicht so stark unterdrücken wie PPIs, sie aber auch das Risiko für Nierenschäden nicht erhöhen.
Weitere Studien weisen ebenfalls auf Risiken für die Nierenfunktion hin
Schon ein Jahr früher wurde im Journal of the American Society of Nephrology eine Studie veröffentlicht, die darauf hinwies, dass die Langzeitanwendung von PPIs zu Nierenschäden führt (2). Patienten, die PPIs einnahmen, hatten ein 28 Prozent höheres Risiko für chronische Nierenschäden und ein 96 Prozent höheres Risiko für die Entwicklung eines Nierenversagens! Dabei zeigte sich, dass das Risiko mit dem Anwendungszeitraum und der täglichen Dosis linear anstieg.
Nicht gerade das, was man von Medikamenten erwarten würde, die ausgegeben werden wie Lutschbonbons.
Eine weitere Studie aus JAMA Internal Medicine kam zu dem Ergebnis, dass Personen, die zweimal täglich einen PPI einnehmen ein dreifach höheres Risiko für Nierenschäden aufwiesen als Personen, die einmal täglich eine Tablette einnahmen. Die Forscher nahmen dieses Ergebnis zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass PPIs nur eingenommen werden sollten, wenn es medizinisch notwendig ist – und in diesem Falle auch nur für eine begrenzte Zeit (3).
Der Hauptautor der Studie stellt fest, dass bis zu 70 Prozent der PPI Verschreibungen nicht indikationsgerecht erfolgen, und er vermutet, dass mindestens 25 Prozent der Patienten, die diese Medikamente langfristig einnehmen, nach Absetzen der Tabletten keine Symptome wie Sodbrennen oder Reflux haben würden.
Aber natürlich wäre eine anständige Verschreibungspraxis nur die eine Seite der Medaille. Solange dieses Zeug beworben und als völlig harmlos hingestellt wird, wird man Menschen kaum davon abhalten können, bei Sodbrennen die nächste Apotheke aufzusuchen, um sich die Tabletten ganz einfach zu kaufen.
Die Schäden durch PPIs beschränken sich aber nicht auf die Nieren.
Weitere unliebsame Nebenwirkungen von PPIs
Wie oben schon erwähnt, stören PPIs die Aufnahme des Vitamins B12. In Studien wurde festgestellt, dass 75 Prozent der Anwender von PPIs einen Vitamin B12 Mangel haben im Gegensatz zu 11 Prozent in der Gesamtbevölkerung (die keine PPIs einnehmen). Folgende Symptome weisen auf einen B12 Mangel hin:
- Taubheitsgefühle auf der Haut
- Appetitlosigkeit
- Brennen auf der Zunge
- Eingerissene Mundwinkel
- eine spürbare Leistungsschwäche und Gedächtnisschwäche
- Depressionen
- Koordinationsstörungen sowie Gangunsicherheit
- Konzentrationsstörungen
- Müdigkeit bis hin zu Apathie
PPIs können auch zu erschreckend niedrigen Magnesiumspiegeln führen. Häufigstes Symptom sind die berühmt-berüchtigten Wadenkrämpfe, die bei Magnesiummangel oft als Warnsymptom auftreten. Folgende Symptome können individuell in Zusammenhang mit einem Magnesiumdefizit auftreten:
- Wadenkrämpfe, Krämpfe in den Füßen den Augenlidern (Lidzucken) – theoretisch kann jede einzelne Muskelgruppe im Körper betroffen sein.
- Psychische Symptome wie erhöhte Reizbarkeit, Fahrigkeit, innere Unruhe, Verwirrtheit, Konzentrationsschwäche, Benommenheit, Schwindel
- Angstgefühle
- Müdigkeit, Mattigkeit, Energielosigkeit, Schwäche
- erhöhtes Schlafbedürfnis oder Schlaflosigkeit
- Erschöpfung
- Kopfschmerzen und Migräne
- Verspannungen der Nacken- und Schultermuskulatur
- Kreuz- und Rückenschmerzen
- Geräuschempfindlichkeit (Hyperakusis) und Ohrensausen (Tinnitus)
- kalte Füße und Hände
- Taubheitsgefühl in Beinen und Armen Empfindungsstörungen wie Kribbeln
- Herzklopfen, Herzrasen, Herzstolpern (Herzrhythmusstörungen)
- Herzenge, Druck auf der Brust bis hin zu Angina pectoris (Brustschmerz als Verkrampfung der Herzkranzgefäße mit Luftnot)
- Magenkrämpfe, Übelkeit, Appetitlosigkeit
- Verstopfung, auch im Wechsel mit Durchfall
- Störungen der Menstruation mit PMS (Prämenstruelles Syndrom), verstärkte Menstruationsblutung, schmerzhafte Periodenkrämpfe
- Bronchialkrämpfe mit Verstärkung von Asthma-Anfällen
- Verstärkung allergischer Symptome
Ebenfalls schon erwähnt – das Osteoporoserisiko durch verminderte Aufnahme von Calcium. Damit einhergehend steigt das Risiko für Knochenbrüche – vor allem bei älteren Menschen.
Und schließlich das Beste zum Schluss: Die Langzeitanwendung von PPIs wird auch mit dem Auftreten einer Demenz in Verbindung gebracht (4). Möchten Sie wirklich ausprobieren, ob Sie in diese Gruppe gehören?
Natürliche Hilfen gegen Sodbrennen
Und jetzt kommt die Krönung: Ihr Sodbrennen ist womöglich gar nicht auf ein Zuviel an Magensäure zurückzuführen, sondern wird durch zu wenig Magensäure hervorgerufen. Wenn Sie dazu dann noch PPIs einnehmen, verstärken Sie das Problem anstatt es zu verbessern.
Dabei können Sie durch ein paar Änderungen in Ihrer Ernährung die lästigen Symptome ganz einfach loswerden. Verzichten Sie auf frittierte Nahrungsmittel, sehr fettige und stark verarbeitete Lebensmittel. Essen Sie kleinere Portionen und konzentrieren Sie sich darauf, wirklich gut zu kauen. Reduzieren Sie Ihren Tabak- und Alkoholkonsum (oder verzichten Sie am Besten ganz darauf).
Sie können Ihre Magensäuresekretion optimieren, indem Sie viel Gemüse sowie qualitativ hochwertige unverarbeitete Nahrungsmittel essen (da sind sie wieder die Rinder aus Weidehaltung und der Wildfisch). Fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut, Miso Suppe und Kimchi können dabei helfen das Bakterium H. pylori loszuwerden, das gerne mal ein Auslöser für Sodbrennen ist.
Weitere Hausmittel gegen Sodbrennen sind naturtrüber Apfelessig, Backnatron, Ingwer- oder Kamillentee sowie Ulmenrindenpulver.
Wenn Sie derzeit PPIs einnehmen, sollten Sie mit Ihrem Arzt besprechen, ob die Indikation für den Gebrauch dieser Medikamente tatsächlich gegeben ist.
http://articles.mercola.com/home-remedies-heartburn-acid-reflux-ulcer.aspx
(1) Long-term kidney outcomes among users of proton pump inhibitors without intervening acute kidney injury http://www.kidney-international.org/article/S0085-2538(17)30005-4/fulltext
(2) Proton Pump Inhibitors and Risk of Incident CKD and Progression to ESRD http://jasn.asnjournals.org/content/27/10/3153
(3) Proton Pump Inhibitor Use and Risk of Chronic Kidney Disease https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4772730/
(4) Association of Proton Pump Inhibitors With Risk of Dementia: A Pharmacoepidemiological Claims Data Analysis. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26882076
Ihr Artikel hat mir sehr gut gefallen. Die wenigsten Menschen wissen, dass man innerhalb 3 Minuten schlimmste Sodbrennen Attacken durch eine geriebene rohe Kartoffel (geschält)beseitigt. In der Schwangerschaft musste ich durch eine Zwillings Schwangerschaft regelmäßig etwas tun.Die großr rohe Kartoffel hilft sogar in der Not, wenn Mann sie zu Brei kaut ohne Schale, und dann runter schluckt.