Calcium für starke Knochen – das Ende eines Mythos

 

Sicher haben Sie auch davon gehört, dass Calcium für gesunde Knochen ein absolutes Muss ist. Mediziner jedenfalls wissen das, und so kommt es, dass Leute über 50 – speziell wenn es sich bei ihnen auch noch um Frauen handelt – gerne auf Calcium Supplemente gesetzt werden. Der Gedankengang ist folgender: Älter Menschen haben ein höheres Risiko für Knochenbrüche – sei es durch eine bestehende Osteoporose oder weil sie einfach leichter stürzen. Da Knochen ja aus Calcium besteht, ergibt es Sinn, Calcium zuzuführen, damit die Knochen gestärkt und somit diese Frakturen verhindert werden. Hört sich in der Theorie erstmal gut an, wirkt in der Praxis aber nicht.

 

Calcium Supplemente erhöhen die Knochendichte nicht

In einer Metaanalyse (Zusammenfassung der Ergebnisse mehrerer Studien), die im British Medical Journal veröffentlicht wurde,  kommen Untersucher der Universität Auckland zu dem Schluss, dass eine Calcium Supplementierung nicht nur die Knochenmineraldichte nicht erhöhte, sondern in einigen Fällen vielleicht sogar schädlich sein kann(1). Die meisten der zu Grunde liegenden Studien zeigten, dass Menschen über 50 Jahre keinen Vorteil davon haben, Calcium Supplemente einzunehmen.

Man muss bedenken: Knochen sind lebendes Gewebe. Sie benötigen viele verschiedene Nährstoffe, um gesund zu bleiben und eine gute Knochendichte zu behalten. Tatsächlich können zahlreiche Nährstoffmangelzustände zu Knochenanomalien führen. Hierzu gehören kalorische Mangelernährung, Zink-, Protein- und Vitamin D Mangel. Auch die körperliche Bewegung (Stichwort: Sport) spielt eine wichtige Rolle für gesunde Knochen. Tatsächlich sieht es wohl so aus, dass man das Risiko für einen Verlust an Knochenmineralien am besten dadurch umgeht, dass man für eine möglichst hohe Knochendichte in den ersten beiden Lebensjahrzehnten sorgt (2).

Das richtige Training für gesunde Knochen

Und so wichtig die Ernährung auch für gesunde Knochen ist, so spielt körperliche Aktivität eben auch eine sehr große Rolle. Es gibt inzwischen viele Kinder, die sowohl einen Vitamin D als auch einen Calciummangel aufweisen, die aber trotzdem gesunde Knochen haben (3).  Derzeitige Empfehlungen für den Erhalt gesunder Knochen beinhalten auch Kraftsport, es wird aber nicht darauf eingegangen, welche Übungen tatsächlich am effektivsten sind.

Am häufigsten sind Frauen nach der Menopause von einer geringeren Knochendichte betroffen. Sieht man sich unsere Baby-Boomer Generation an, dann stellt man fest, dass diese Frauen sehr häufig joggen, einige auch mehrmals wöchentlich Kraftsport betreiben. Nach den Empfehlungen, die wir bekommen, fühlen sie sich auf der sicheren Seite. Forschungsergebnisse zeigen aber, dass diese Aktivitäten womöglich gar nicht mal so effektiv sind.

Dabei ist es eigentlich total einfach. Es sieht so aus, als wäre die gute alte Kniebeuge ein extrem gutes Mittel, um einer Abnahme der Knochendichte vorzubeugen beziehungsweise eine schon bestehende Minderung wieder aufzuheben. In einer Studie wurden 21 postmenopausale Frauen mit Osteopenie oder Osteoporose in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine Gruppe führte an drei Tagen die Woche unter Anleitung Kniebeugen durch, die andere folgte den derzeitigen Übungsrichtlinien. Nach 12 Wochen hatte die Gruppe, die Kniebeugen trainierte ihre Knochendichte um fast 5 % verbessert (4).

Risiken einer Calcium Supplementierung

Wie schon gesagt, ist die Calcium Supplementierung nicht nur nicht so effektiv wie Krafttraining, sondern sie könnte sogar schädlich sein. Eine Metaanalyse – ebenfalls aus dem British Medical Journal – zeigte auf, dass die Supplementierung das Herzinfarktrisiko um 30 Prozent erhöht, das Risiko für einen Schlaganfall um 20 Prozent und das Risiko für die Gesamtsterblichkeit um 9 Prozent (5).

Wahrscheinlich hängt diese Risikozunahme damit zusammen wie schnell Calcium als Supplement vom Körper aufgenommen wird (6). Das Calcium aus der Nahrung wird sehr viel langsamer aufgenommen, weil es durch den Verdauungsprozess gehen muss. Als Nahrungsergänzungsmittel wird Calcium sehr viel schneller aufgenommen, führt zur Verkalkung von Arterien und kann auch vermehrt zur Bildung von Nierensteinen führen. Überschüssiges Calcium wird normalerweise über den Urin ausgeschieden. Ist die Konzentration jedoch zu hoch (wie bei Supplementen) so kann die Niere schnell überfordert sein.

Die Schulmedizin verfolgt leider häufig den Weg: eine Krankheit, eine Pille. Das ist aber nicht die richtige Herangehensweise, wenn es um gesunde Knochen geht.

Wenn Sie sich gesund ernähren  – und das bedeutet viel Gemüse und Obst, dann bekommen Sie alle Nährstoffe, die Sie für den Aufbau gesunder Knochen benötigen. Wie gesagt – im Gegensatz zu Calciumtabletten wird Calcium aus Nahrungsmitteln langsam aufgenommen und bildet kein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen.

Außerdem benötigen Sie qualitativ hochwertiges Eiweiß, denn auch das wird für den Aufbau von Knochen benötigt. Wenn Sie dann noch industriell gefertigte Nahrungsmittel auf Ihrem Speiseplan einschränken oder am besten ganz streichen, dann hat Ihr Körper auch die Möglichkeit, die konsumierte Nahrung zu verdauen und die Nährstoffe aufzunehmen.

Krafttraining ist das A und O

Und noch einmal: Krafttraining ist unverzichtbar! Am besten suchen Sie sich einen guten Trainer, der Ihnen zeigt wie Sie Kniebeugen und Deadlifts richtig ausführen. Damit ist Ihren Knochen extrem geholfen. Richtig ausgeführt, können diese Übungen so manches Gebrechen korrigieren, das Sie plagt.

Und für alle Frauen, die kein Krafttraining machen wollen, weil sie nicht hinterher aussehen wollen wie ein Bodybuilder: Frauen haben nicht die hormonelle Ausstattung, die einen solchen Muskelzuwachs erlauben würde. Der einzige Effekt, den Sie haben werden, ist, dass Sie einen strafferen Körper bekommen.

Und nun legen Sie mal los. Übrigens wirken sich diese Empfehlungen natürlich nicht nur positiv auf Ihre Knochen aus, sondern auf Ihre generelle Gesundheit.

 

(1) Calcium intake and bone mineral density: systematic review and meta-analysis   http://www.bmj.com/content/351/bmj.h4183

(2) Critical years and stages of puberty for spinal and femoral bone mass accumulation during adolescence.  https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1874933?dopt=Abstract

(3) The important role of physical activity in skeletal development: how exercise may counter low calcium intake  https://academic.oup.com/ajcn/article/71/6/1384/4729349#ref-1

(4) https://journals.lww.com/nsca-jscr/Abstract/2013/10000/Maximal_Strength_Training_in_Postmenopausal_Women.32.aspx

(5) Effect of calcium supplements on risk of myocardial infarction and cardiovascular events: meta-analysis  http://www.bmj.com/content/341/bmj.c3691

(6) Calcium supplements: bad for the heart?http://heart.bmj.com/content/98/12/895?sid=d8a426b8-b2d6-4119-91ac-b3eaa2e7c337

Ein Gedanke zu „Calcium für starke Knochen – das Ende eines Mythos“

  1. Mit großem Interesse und auch dem einen oder anderen Aha-Erlebnis habe ich den Beitrag zu Supplementen gelesen.

    Vielleicht habe ich es noch nicht gefunden, aber eine paar Quellen zu guten Supplementen wäre hilfreich.

    Eine kleine kritische Anmerkung, ohne jetzt deutschtümelnd zu sein, wäre nicht „Kreuzheben“ dem hier wenig bekannten Begriff „Deadlift“ vorzuziehen?

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