Cannabis

Cannabis kehrt Alterungsprozesse im Gehirn um

 

Eine Studie des Instituts für Molekulare Psychiatrie der Universität Bonn in Zusammenarbeit mit der Hebrew University (Israel) hat aufgezeigt, dass die Medikation mit niedrig dosiertem THC – eines der Wirkstoffe der Hanfpflanze (Cannabis) – die Funktion des Gehirns „verjüngen“ kann – jedenfalls im Tierexperiment (1). Sind diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar, so könnte diese Substanz eventuell altersbedingten Demenzen entgegenwirken.

Heilwirkung von Cannabis – keine neue Entdeckung

Schon im Jahr 2737 v. Chr. beschreibt der chinesische Kaiser Shen Nung Hanf als medizinisches Heilmittel (2). Die berühmte Naturforscherin und Heilerin, Hildegard von Bingen (1098-1179), gilt als Pionierin der Heilkunde in Verbindung mit Cannabis. In ihren Schriften lobt sie die Heilkraft der Hanfsamen bei Magenbeschwerden und befürwortet ein aus Hanf gefertigtes Tuch zur Wundbehandlung.

Hanf hat in seiner Geschichte eine Menge Höhen und Tiefen durchlebt. Im 20. Jahrhundert war über lange Strecken sowohl der Anbau als auch der Konsum von Cannabis (Marihuana) verboten. Doch seit Ende der 90-ger Jahre hat sich das Blatt gewendet, und die Forschung in Sachen Cannabis läuft auf Hochtouren.

Inzwischen weiß man, dass Cannabis eine Vielzahl an positiven Effekten für die Gesundheit aufweist. Diese Effekte werden vor allem durch den Inhaltsstoff Cannabidiol (CBD) hervorgerufen, aber wie in dieser Studie gezeigt wurde, hat auch Tetrahydrocannabinol (THC) nicht nur eine berauschende Wirkung.

Wie entfaltet Cannabis seine Wirkung?

Man muss wissen, dass unser Körper über eigene Endocannabinoide verfügt, zum Beispiel PEA – Palmitoylethanolamid. Das Endocannabinoidsystem hat eine Entzündungshemmende Wirkung. Damit sie ihre Wirkung entfalten können, besetzen die Endocannabinoide an der Zelloberfläche vorhandene Rezeptoren. Dieselben Rezeptoren können auch von CBD und THC besetzt werden. So sorgen sie dafür, dass Schmerzen gelindert, Muskelkrämpfe gelöst und zum Beispiel auch die bei Chemotherapie häufig auftretende Übelkeit vermindert wird. Aber sie können noch viel, viel mehr.

Cannabis als anti-aging Substanz

Wie beim Menschen kommt es auch bei Mäusen mit zunehmenden Alter zu einem kognitiven Abbau. Da aber im Gegensatz zum Menschen, Mäuse nur eine sehr begrenzte Lebenserwartung von ca. 2 Jahren haben, tritt bei ihnen dieses kognitive Defizit sehr schnell auf – nämlich schon im Alter von 12 Monaten.

Die Bonner Forscher gingen von der Hypothese aus, dass Cannabinoide eine Wirkung auf homöostatische Mechanismen entfalten, die das Fortschreiten der Alterung bestimmen – das heißt, dass sie einen anti-aging Effekt haben.

Diesen Effekt untersuchten sie, indem sie den Mäusen im Alter von zwei, zwölf oder 18 Monaten jeweils über einen Zeitraum von vier Wochen eine geringe Menge THC verabreichten, die keine berauschende Wirkung hatte.

 

Danach testeten sie das Lernvermögen und die Gedächtnisleistungen der Tiere – darunter zum Beispiel das Orientierungsvermögen und das Wiedererkennen von Artgenossen.

Die Mäuse der Kontrollgruppe, die nur ein Placebo verabreicht bekommen hatten, zeigten natürliche altersabhängige Lern- und Gedächtnisverluste. Die kognitiven Funktionen der mit Cannabis behandelten Tiere waren hingegen genauso gut wie die von zwei Monate alten Kontrolltieren.

„Die Behandlung kehrte den Leistungsverlust der alten Tiere wieder komplett um“,

Studienautor Prof. Dr. Andreas Zimmer.

 

Hirnalterung durch Mangel an Cannabinoid 1 Rezeptor (CB1)

Erklären lässt sich der Effekt über die Entdeckung der Forscher, dass das Gehirn viel schneller altert, wenn Mäuse keinen funktionsfähigen Rezeptor für das THC  (CB1) besitzen. Prof. Zimmer erklärt hierzu:

„Mit steigendem Alter verringert sich die Menge der im Gehirn natürlich gebildeten Cannabinoide. Wenn die Aktivität des Cannabinoid-Systems abnimmt, dann stellen wir ein rasches Altern des Gehirns fest.“

THC wirkt ähnlich wie die körpereigenen Cannabinoide, die wichtige Funktionen im Gehirn erfüllen. Sie docken an die Cannabinoid Rezeptoren an, die dann Signalketten auslösen. Dieses System ist auch der Grund für die berauschende Wirkung von THC in Cannabis-Produkten, wie Haschisch oder Marihuana.

THC setzt die molekulare Uhr zurück

Die Wissenschaftler untersuchten das Gehirngewebe und die Genaktivität der behandelten Tiere und machten eine erstaunliche Entdeckung. Die molekulare Struktur entsprach nicht mehr der von alten Tieren, sondern ähnelte vielmehr derjenigen von Jungtieren. Sogar die Zahl der Verknüpfungen der Nervenzellen im Gehirn nahm wieder zu. Eine ausreichende Menge an Verknüpfungen ist eine wichtige Voraussetzung für das Lernvermögen.

 „Es sah so aus, als hätte die THC-Behandlung die molekulare Uhr wieder zurückgesetzt.“

Und beim Menschen?

Zugegeben, das ist ein Lichtblick am Ende eines sehr dunklen Tunnels, denn bisher stehen wir – was eine Therapie angeht – der Demenz recht hilflos gegenüber. Zum jetzigen Zeitpunkt muss man eigentlich sagen, dass Vorbeugung deutlich effektiver ist als Heilung.

Nach diesem ersten sehr erfolgreichen Tierversuch müssen weitere Untersuchungen folgen, die zeigen müssen, ob das menschliche Gehirn genauso oder ähnlich auf zugeführtes THC reagiert.

Sollten sich die Effekte, die bei den Mäusen auftraten, allerdings bei Menschen wiederholen lassen, dann wäre das natürlich unglaublich. Und ein weiterer Skalp am Gürtel von Cannabis.

(1) Cannabis kehrt Alterungsprozess im Gerhirn um.  https://www.uni-bonn.de/neues/128-2017/

(2) http://www.hanfkultur.com/hanf-und-seine-lange-geschichte/