Cholesterin Statine

Studie belegt Zusammenhang zwischen Cholesterinsenkern und Parkinson

Der Morbus Parkinson gehört zu den häufigsten Krankheiten des Nervensystems weltweit. In Deutschland geht man von einer Gesamtzahl von ca. 280.000 Parkinson-Patienten aus. Experten schätzen, dass in Deutschland künftig jährlich rund 13 000 neue Parkinson-Erkrankungen hinzukommen werden (1).
Neue Studien untersuchen nun den Effekt von Statinen für das Risiko diese neurodegenerativen Erkrankung zu entwickeln.

Statine- eine weitere Ursache für den Morbus Parkinson?

Statine werden Personen verschrieben, die ein zu hohes LDL-Colesterin aufweisen, da davon ausgegangen wird, dass dieses „schlechte“ Cholesterin die Gefahr für Herz-Kreislauferkrankungen erhöht. Ich habe schon an anderer Stelle darüber geschrieben, warum LDL-Cholesterin für sich allein genommen als Marker für das Infarktrisiko nicht taugt, und warum ich die Verschreibung von Statinen in den meisten Fällen für völlig sinnlos halte. Hier kommt jetzt noch ein weiterer Grund.
Seit einiger Zeit gibt es vermehrtes Interesse an der Fragestellung, ob Statine Gehirnzellen schützen und so die Ausbildung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson und Alzheimer Demenz verhindern können. Die Studienergebnisse, die neuroprotektive Rolle der Statine betreffend, waren widersprüchlich und bezogen sich nur auf Tierversuche und Untersuchungen an Zellkulturen (2).
Jetzt erschien eine Studie in der Zeitschrift Movement Disorders, die allerdings in eine ganz andere Richtung geht (3). Sie kommt zu dem Schluss, dass Statine womöglich Mitverursacher von neurodegenerativen Erkrankungen sind.
Xuemei Huang, Ph.D. – Professor für Neurologie am Penn State College in Hershey und Autor der Studie – beschreibt einen anderen Grund, warum die Ergebnisse für die neuroprotektive Rolle der Statine bisher widersprüchlich sind:

„Ein erhöhter Cholesterinspiegel, die Hauptindikation für die Verordnung von Statinen, steht mit einem verminderten Auftreten des Morbus Parkinson in  Zusammenhang. Deshalb war es schwierig herauszufinden, ob der schützende Effekt auf die Gehirnzellen durch die Medikamente zustande kam oder durch den erhöhten Cholesterinspiegel.“

Die Studie, die Professor Huang nun durchgeführt hat, berücksichtigt jedoch dieses Problem.

Co-Autor Guodong Liu, Ph.D. erklärt hierzu:

„Die Diagnose einer Hyperlipidämie – eines Markers eines zu hohen Cholesterinspiegels, stand mit einer verminderten Prävalenz (Häufigkeit) der Parkinson Erkrankung in Zusammenhang. Dies war auch in älteren Untersuchungen bestätigt worden. Wir stellten nun sicher, dass dieser Faktor in unserer Analyse berücksichtigt wurde.“

Fettlösliche Statine können das Risiko einer Parkinson Erkrankung erhöhen

Das Team untersuchte die Daten medizinischer Schadensfälle von 50 Millionen Patienten. Aus diesen Fällen wählten sie 22.000 Patienten aus, die an Morbus Parkinson erkrankt waren und von denen 2.322 neu diagnostiziert wurden.

Diesen Patienten wurde eine Kontrollgruppe gegenübergestellt, die nicht an Parkinson erkrankt war. Dann wurden die Patienten identifiziert, die Statine einnahmen und die Länge der Einnahme vor dem Auftreten erster Parkinson Symptome ermittelt

Die Untersucher fanden heraus, dass die Einnahme von Statinen mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten einer Parkinson Erkrankung korrelierte. Dieser Effekt trat vor allem zu Beginn der Statintherapie auf – ganz besonders in den ersten 2,5 Jahren der Behandlung.

Außerdem fand sich ein stärkerer Zusammenhang für lipophile (fettliebende) Statine. Die meisten Statine sind lipophil. In diese Gruppe gehören Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Cerivastatin, Pitavastatin und Simvastatin. Sie werden als lipophil bezeichnet, weil sie fettlöslich sind, während hydrophile (wasserliebende) Statine (Pravastatin, Rosuvastatin) sich in Wasser lösen.

Erstere können sich besser in verschiedenen Geweben verteilen, da sie leichter in die Zellen diffundieren können. Fettlösliche Statine können auch das Gehirn erreichen. Diese Fähigkeit besitzen wasserlösliche Statine nicht.

Professor Huang weist darauf hin, dass diese Ergebnisse im Widerspruch zur früheren Annahme stehen, dass lipophile Statine einen neuroprotektiven (Nerven schützenden) Effekt haben könnten.

„Die Statineinnahme stand in Zusammenhang mit einem erhöhten – nicht erniedrigtem – Risiko für eine Parkinson Erkrankung, und die Assoziation war bei lipophilen Statinen ausgeprägter. Diese Beobachtung steht im Widerspruch zur derzeitigen Hypothese, dass diese Statine die Nervenzellen schützen.“

Schließlich weist Professor Huang noch auf ältere Studien hin, die andeuteten, dass die Beendigung der Statintherapie zur Parkinson Erkrankung geführt haben könnte. Stattdessen geht sie aufgrund der Erkenntnisse der neuen Studie davon aus, dass es wahrscheinlich eher so ist, dass die Statineinnahme zu Symptomen führt, die mit der Parkinson Erkrankung in Zusammenhang stehen, und die Patienten aufgrund dessen die Statine nicht mehr einnehmen.

Selbstverständlich werden noch mehr Untersuchungen benötigt, um die Resultate dieser Studie zu verstehen. Professor Huang spricht sich aber dafür aus, bei der Verordnung von Statinen Vorsicht walten zu lassen – vor allem bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für ein Parkinson Erkrankung.

„Wir behaupten nicht, dass Statine einen Morbus Parkinson verursachen, sondern dass (…) Statine nicht unter der Annahme verschrieben werden sollten, dass sie diese Erkrankung verhindern können. Die Leute haben ein individuelles Risiko für Herzprobleme und die Parkinson Erkrankung.“

 

(1) http://www.focus.de/gesundheit/news/tausende-neue-faelle-pro-jahr-zahl-der-parkinson-erkrankungen-waechst_aid_956660.html

(2) Statins and neuroprotection: basic pharmacology needed. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24474514

(3) Statins may facilitate Parkinson’s disease: Insight gained from a large, national claims database. http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/mds.27006/full