Herzinfarkt

Herzinfarktrisiko – Welche Blutwerte helfen wirklich weiter

Inzwischen setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass das Gesamtcholesterin ein sehr schlechter Marker zur Vorhersage des Risikos einen Herzinfarkt zu erleiden ist. Tatsächlich sollten ganz andere Parameter zur Risikoabschätzung herangezogen werden. In dieser Hinsicht haben sich die folgenden Bluttests bewährt:

  • LDL Partikelgröße. Nicht jedes LDL-Cholesterin ist automatisch „schlechtes“ Cholesterin. Manchmal kommt es eben doch auf die Größe an. Beim LDL-Cholesterin unterscheidet man LDL-Muster A, d. h. große, fluffige Teile, die keine negativen Effekte auf die Gefäße haben und nicht zur Arterienverkalkung führen, und LDL-Muster B, bei dem es sich um oxidiertes LDL handelt, das eine sehr viel kleinere Teilchengröße hat und für die Arterienverkalkung verantwortlich gemacht wird. Der LDL Wert allein gibt keine Aussage über die Teilchengröße (d. h. ein hoher LDL Wert muss nicht unbedingt schlecht sein, wenn es sich dabei um Muster A handelt, während ein niedriger Wert nicht automatisch gut ist).
  • C-Reaktives Protein (CRP). Das CRP ist ein Entzündungsmarker, der in direktem Zusammenhang zum Infarktrisiko steht. Bestimmt werden sollte das hochsensitive-CRP (hs-CRP). Ein optimaler Wert sollte unter 0,8 mg/dl liegen.
  • Fibrinogen. Fibrinogen wird in der Leber synthetisiert und spielt eine zentrale Rolle in der Blutgerinnung. Es ist ein Marker für die Klebrigkeit des Blutes (d. h. es zeigt an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für Blutgerinnsel ist). Der Fibrinogenspiegel ist bei Frauen, die rauchen, die orale Kontrazeptiva nehmen und bei postmenopausalen Frauen erhöht. Normalwerte liegen bei 200 – 400 mg/dl.
  • Serum Ferritin. Ist ein Messwert, der Aufschluss über die Eisenspeicher des Körpers gibt. Ein Ferritinmolekül speichert etwa 4000 Eisenmoleküle. Eisen wird normalerweise im Körper kumulativ gespeichert und der Eisenspiegel sinkt nur bei Blutverlust, durch Blutspenden oder durch die Regelblutung. D. h. im Laufe des Lebens steigt der Eisenspeicher an. Wichtig wird dieser Marker, weil Untersuchungen gezeigt haben, dass ein Anstieg im Ferritingehalt um 1 % mit einer 4 %igen Zunahme im Herzinfarktrisiko einerhergeht. In der Funktonellen Medizin werden für Frauen Ferritinspiegel unter 80 ng/ml und für Männer unter 90 ng/ml als optimal angesehen.
  • Lp(a). Es gehört zu den LDL und ermöglicht den Fetttransport im Blut. Vom LDL unterscheidet es sich durch das Vorhandensein einer Apolipoprotein-A Kette. Erhöhtes Lp(a) zusammen mit erhöhtem LDL spricht für ein höheres Risiko für das Auftreten von Herzinfarkt und Schlaganfall. Der Normalwert liegt unter 30 mg/dl.
  • Homocystein. Homocystein ist ein Nebenprodukt, das beim Abbau der Aminosäure Methionin entsteht. Da es sich beim Homocystein um ein giftiges Abfallprodukt handelt, wird es vom Körper normalerweise über Vitamin B6 abgebaut und schnell ausgeschieden oder mittels Vitamin B12 und Folsäure wieder in Methionin umgewandelt. Homocystein aktiviert Blutplättchen und führt damit zur Bildung von Blutgerinnseln. Ein hoher Homocysteinspiegel korreliert also mit einem erhöhten cardiovaskulären Risiko (d.h. Herzinfarkt oder Schlaganfall). Der Homocysteinspiegel kann durch die Einnahme von Vitamin B6, B12 und Folsäure gesenkt werden.
  • Interleukin 6. Gehört zu den proinflammatorischen Zytokinen (entzündungsauslösende Substanzen des Immunsystems). Es stimuliert die Leber zur Synthese von CRP. Als Marker für das cardiovaskuläre Risiko ist Interleukin 6 womöglich sogar noch besser zu gebrauchen als das CRP, da die Serumspiegel früher ansteigen. Optimal sind Spiegel von 0,0 – 12,0 pg/ml.

Zwei wichtige Quotienten, die sich aus dem normalen Cholesterinpanel berechnen lassen, bzw. teilweise auch von den Laboratorien schon berechnet werden, sind:

  • HDL/Gesamtcholesterin. Dieser Quotient erlaubt es, das cardiovaskuläre Risiko abzuschätzen. Hier gilt: Je höher desto besser. Werte über 0,24 gelten als optimal, Werte unter 0,1 als sehr gefährlich.
  • Tricglyceride/HDL Quotient. Dieser Quotient wird inzwischen als bester Marker für das cardiovaskuläre Risiko angesehen. Normalerweise sind die Level von HDL Cholesterin und Triglyceriden gegenläufig. Sind die einen hoch, sind die anderen niedrig. Man hat festgestellt, dass Individuen mit hohen Triglyceridspiegeln auch vermehrt Gerinnungsfaktoren aufweisen und damit ein höheres Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko haben. Dieser Quotient sollte also möglichst niedrig sein. Optimal ist ein Wert von 2 oder niedriger. Ein Wert von 4 wird als hoch und von 6 als viel zu hoch angesehen. Als Nebeneffekt erlaubt dieser Quotient es auch, sich ein Bild über die LDL Partikelgröße zu verschaffen. Ist der Quotient hoch, besteht das LDL aus sehr kleinen Partikeln (also gefährlich!), während bei einem kleinen Quotienten große LDL Partikel vorherrschen, die kein kardiovaskuläres Risiko repräsentieren.

Es lohnt sich also, sich bei der nächsten Blutentnahme mehr als nur den Gesamtcholesterinwert anzusehen. Und vor allem sollte man daran denken, dass gerade für ältere Menschen ein hoher Cholesterinwert wichtig ist! Er sollte aber eben nicht mit Triglyceridwerten von über      300 mg/dl vergesellschaftet sein. Und immer dran denken: Triglyzeride sind zwar Fette, sie haben aber ihre Entstehung der Zufuhr von Kohlenhydraten zu verdanken (es ist die Cola und nicht die fettige Makrele). Also, lassen Sie sich von einem Cholesterinwert von über 200 nicht beirren. Auf das Gesamtbild kommt es an.

11 Gedanken zu „Herzinfarktrisiko – Welche Blutwerte helfen wirklich weiter“

  1. Sehr geehrte Frau Dr. Bendig!
    Herzlichen Dank für Ihre ausgezeichnete und trotzdem kurze Zusammenstellung der Herzinfarkt-Risken. Zum Thema HDL wurde ich heute auf eine ganz neue Studie, veröffentlicht am 26.8.2018, zu einem Risiko von hohen HDL-Werten zumindest bei bestimmten Personengruppen aufmerksam gemacht. Demnach steigt bei HDL-Werten über 60 mg/dl das Herzinfarktrisiko bei Herzinfarkt-Patienten über 60. Diese Information ist völlig konträr zu bisherigen Studien vor 2016. Näheres dazu siehe http://lex.referata.com/wiki/Cholesterin#Risiko-HDL. Ich denke, es wäre gut, diese neuen Erkenntnisse auch auf dieser ausgezeichneten Seite zum Thema Herzinfarkt-Risiken einzuarbeiten.

  2. Hallo Frau Dr. Bendig,
    ich bin 51 und habe im November einen Stent (prox. Riva) bekommen. Meine Cholesterinwerte sind nach Ihren Quotienten eigentlich ok:
    Trigly. 68
    Cholesterin 137
    HDL 67
    LDL 68
    – und trotzdem soll ich Atorvastatin 40 nehmen! Was meinen Sie dazu? Danke für die Antwort 🙂

    1. Ich kann Ihnen natürlich so auf die Ferne keinen ärztlichen Rat geben. Nur soviel – wenn ich Sie wäre, würde ich das Statin sicherlich nicht einnehmen.

  3. Guten Tag Frau Bendig
    Trotz gesunder Ernährung, guter Vitalität und regelmässigem Sport (BMI 19) steigt mein LDL Wert in den letzten Jahren ständig an. Folgende Werte von April 2018: (Alter 51)

    LDL: 234 (vor 1 Jahr: 192)
    HDL: 50.6
    Triglyceride: 133
    HDL/Triglyceride Q: 2.63
    HDL/GesamtChol. Q: 0.16 (leider)
    Lp(a): 7mg/dl

    Ich bin ein überzeugter Verfechter von Vitalstoffen und nehme seit längerer Zeit folgende Produkte ein:
    – Krill Öl Omega 3
    – Vitamin C 500mg/d (biologisch> Amlabeere, Acerola)
    – Vitamin B komplex
    – Astaxanthin 4mg/d
    – Granatapfelextrakt
    – Gingko Bilobaextrakt
    – Apfelessigextrakt (ab jetzt)
    mit dem Ziel, die Oxidation der sdLDL und oxLDL Moleküle weitgehend zu verhindern.
    Zusätzlich habe ich versucht, mit Lycopin und Haferkleie den LDL Wert zu senken, jedoch ohne Chance. Mein Arzt vermutet eine familiär/ genetisch bedingte Hypercholisterinämie und empfiehlt mir dringend Atorvastatin 10-20mg. In mir sträubt sich alles, nachdem ich Ihre Artikel und die Arbeit von René Gräber „Das Märchen vom bösen Cholesterin“ studiert habe.

    Was raten Sie mir: Senkung des Trigylceridspiegels?
    Was halten Sie von Apfelessig-produkten? Könnte die Wirkungsweise die Biosynthese des Cholesterins in der Leber etwas hemmen? Oder bei mir auch wieder kaum mit Chance wegen der genetischen Komponente?

    Herzlichen Dank für Ihre Antwort! 🙂

    1. Apfelessig ist auf jeden Fall einen Versuch wert. Es wurde experimentell nachgewiesen, dass Apfelessig sowohl den Triglyzeridspiegel senken als auch das HDL Cholesterin steigern kann. Beides Veränderungen, die Sie gerne hätten.

  4. Ich habe einen Cholesterinwert von 298, HDL= 64, LDL= 217, Triglyceride = 122. Ich bin Nichtraucher, trinke sehr selten Alkohol, ernähre mich gesund, treibe Sport. Ich denke also, ich habe kaum Risikofaktoren. Mein Hausarzt sagte nun, dass ich unbedingt Statine nehmen muss, da ein Herzinfarkt/Schlaganfall droht. Diese habe ich bisher zwar kurzfristig genommen, aber da die Nebenwirkungen so heftig sind, habe ich sie abgesetzt. Was würden Sie mir raten?

    1. Um Ihnen tatsächlich etwas raten zu können, müsste ich erst einmal eine sehr ausführliche Anamnese erheben. Ich kann Sie nur auf folgendes hinweisen: Ihr HDL/cholesterin Quotient beträgt 0,21 – das ist weit entfernt vom gefährlichen Bereich, aber auch nicht optimal. Ihr Triglycerid/HDL Quotient beträgt 1,91, was im optimalen Bereich liegt. Wie in meinem Post geschrieben, ist dieser Wert am aussagekräftigsten, was das cardiovaskuläre Risiko angeht. Ich weiß nicht, wie viele Kohlenhydrate Sie essen, aber eventuell könnten Sie durch eine Reduktion den Triglyceridwert noch senken (die „gesunde“ Ernährung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung enthält zum Beispiel sehr viele Kohlenhydrate). Ich kann Ihnen nur soviel sagen: Ich persönlich würde keine Statine einnehmen – schon gar nicht, wenn gravierende Nebenwirkungen auftreten. Ich würde meine Ernährung und meinen Lebensstil so gestalten, dass ich chronische Entzündungen in meinem Körper vermeide, und damit ist auch das Herzinfarktrisiko kein Thema.

  5. Hallo!

    Was hat denn die LDL-Partikelgröße mit dem HDL/Triglyceride-Quotient zu tun? Also, warum kann man von diesem Quotienten auf die LDL-Partikel schließen, wo ist der Zusammenhang?

    Danke!

    1. Den genauen Zusammenhang kann ich Ihnen leider auch nicht erklären, aber Tatsache ist, dass schon seit langem bekannt ist, dass eine negative Korrelation zwischen dem Triglyzerid/HDL Quotienten besteht. Das können Sie hier oder mit einer Beispielrechnung hier nachlesen.

  6. Hallo Frau Dr. Bendig, ich lese ausführlich ihre Newsletter und hätte nun eine Frage zu o.a. Artikel …. 2 wichtige Quotienten, die sich aus dem normalen Cholesterinpanel……..

    könnten Sie mir ein Beispiel zur Berechnung Schreiben?
    Gesamtcholesterin. 243 mg/
    Triglyceride. 112 mg
    HDL Cholesterin. 57 mg. LDL. 178. mg
    Wie berechnet man hier die Quotienten? Vielen Dank für eine Rückantwort. Christine Kirchmair

    1. Hallo Frau Kirchmair,
      die Berechnung ist ganz einfach. Ihr HDL/Gesamtcholesterinquotient ist 57:243 = 0,23. Dieser Wert liegt etwas unterhalb der optimalen Grenze von 0.24. Ist also nicht bedenklich. Ihr Triglycerid/HDL Quotient ist 112:57 = 1,96. Das ist ein optimaler Wert. Wie ich im Post geschrieben habe, ist ein niedriger Triglycerid/HDL Quotient außerdem ein Zeichen dafür, dass die LDL Partikel eher groß und fluffig (und damit nicht gesundheitsschädlich) sind. Über das Gesamtcholesterin von 243 mg/dl brauchen Sie sich meiner Meinung nach keine Gedanken zu machen.

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